Brasilien und zum Schluss wieder Argentinien
Rio Uruguay
Canela an der ruta romantica
Jürgen und Morgana
Bei Nadja, Ana und Gigi
Florianopolis
Datum: Dienstag, 12. November 2019, Position: La Posta Del Viajero en Moto, Azul, Argentina, Stimmung: Gut!
Brasilien und zum Abschluss noch einmal Argentinien
Sonnenuntergang am Rio Uruguay
Ihr Lieben, Guten und Schönen!
Wir sind im legendären La Posta Del Viajero en Moto in Azul. Zurück nach Argentinien also. Pollo und Monika haben hier ein Paradies für Motorradreisende, zweifelsohne auch für sich und ihre Tochter Penelope, geschaffen. Innerhalb ihres Grundstückes ist neben viel Platz zum Zelten ein Teich angelegt, den drei Flamingos ihr Reich nennen dürfen. Enten, Perlhühner und diverse andere Vögel fliegen zum Trinken und Baden ein. Überall verteilt stehen Bänke oder andere Sitzgelegenheiten, die den Blick auf das Leben im, um, auf und am Wasser lenken. Und darüber spendet eine gigantische Trauerweide Schatten für das Vogelvolk darunter.
Es gibt Hochbeete mit Erdbeeren, Salat und Kräutern. Davon dürfen wir nehmen. Sowieso wird hier auf Spendenbasis geschlafen, gekocht oder Strom verbraucht. Wer Holz hackt, um damit den Ofen zu befeuern, kann auch heiß duschen.
Die Unterkunft und Küche für die Reisenden gleichen einem Museum. Nummernschilder, T-Shirts, Kappen, gemalte Bilder schmücken die Decke und die Wände. Wandbemalungen, Sticker und Fotos sind Zeitzeugen derjenigen Reisenden, die hier schon vor 20 und mehr Jahren Halt machten. Selbst wir kennen Manche davon persönlich.
Pollo hat ein riesiges Herz. Er ist warm, neugierig und lacht gern. Monika ist eher zurückhaltend, schüchtern vielleicht. Sie steht aber in Gastfreundschaftlichkeit ihrem Mann in Nichts nach. Denn gerade als wir gestern ermattet ins Bett gehen wollten, kam Pollo und bot uns an in seinem Anbau trocken und sauber zu übernachten. Monika habe gesagt, das es da unten viel zu schmutzig sei für eine Frau. Die jungen Männer, die dort schlafen, für die sei es ok. Aber für mich sei es nix beteuert sie mir dann später noch selbst. So sind wir noch zu einer heißen Dusche ohne Befeuerung gekommen.
Heute regnet es Katzen und Hunde.Trotz dessen hatten wir ein Zeitfenster, in dem wir zur Bank gehen konnten. Leider kann man nicht überall mit Karte zahlen. Deshalb brauchen wir Bares. Das mit den Banken in Argentinien ist echt eine schwierige Sache, denn es können a) nur kleine Beträge abgehoben werden und b) werden zwischen 8 und 10% Gebühr dafür verlangt. Je weniger man abhebt, je höher die Gebühren. Bis zu 20% kann das dann kosten. Logik? Viel dran verdient. Und um meinem Unmus Luft zu machen: Die Inflationsrate ist gigantisch. Das heisst im Klartext: Noch vor 4 Wochen hatten wir einen Umtauschwert von 60 ars für 1 €. Jetzt sind es schon 65 ars. Für uns zwar gut. Aber für das Land und die Menschen nicht gut. Die neu gewählte Regierung ist Kirchner treu. Damit wird das Land ausbluten. Überall ist Korruption an der Tagesordnung. Auch wird der Bildung das Geld entzogen. Argentinien ist schwer gebeutelt. Wer weiß, wann die Proteste von Chile und Bolivien hierher überschwappen.
Im übrigen sind wir noch sprachlos. Evo Morales hat aus humanitären Gründen Asyl in Mexico bekommen und wurde über Nacht von der mexikanischen Luftwaffe ausgeflogen. Seine Vizepräsidentin ruft Neuwahlen aus. Was passiert nur in dieser Welt.
Es regnete also wie blöd am Nachmittag. Wie schon die ganze letzte Zeit immer wieder heftig seit wir bei Jürgen und Morgana aufgebrochen sind. Eigentlich wollten wir den Serra do Rio Rastro, den Serro do corvo branco und den Itaimbezinho Canyon befahren. Doch entweder regnete es sowieso schon oder es stand kurz bevor. Davon mal ganz abgesehen wolkenverhangen und nebelig war es überall.
Also nichts mit schönen Landschaften. Beeindruckend auf ganz andere Weise waren dann die Städte, die entlang der Ruta Romantica liegen. Canela, Gremado, Nuevo Petropolis. Weihnachtlich geschmückt bei 20° und Regen. Deutscher kann es in Deutschland auf den Weihnachtsmärkten nicht zugehen. Wieder Fachwerk, Geranien, Schwarzwald oder Bayernambiente. Die ruta romantica selbst muss wirklich schön sein, wenn wir etwas gesehen hätten. Nur die Kurven ließen erahnen, was uns entgangen war.
Doch wo wir gerade dabei sind, möchte ich meinem vorletzten Blogeintrag noch etwas Wichtiges hinzufügen. Denn: Ja, die deutschstämmigen Einwanderer in Brasilien fühlen sich als Deutsche! Und, wenn möglich, wird auch deutschstämmig geheiratet. Zumindest war das früher so.
Anfangs zeigte sich die Landschaft noch mit Regenwaldbewuchs und Bananenbäumen. Später änderte sie sich in “Soweit das Auge reicht”. Die Kühe und Rinder grasen und widerkäuen vor sich hin. Ist es ihnen warm, stellen sie sich gerne bis halbes Bein in eines der vielen Wasserteiche. Die Pferde sehen gut gepflegt und genährt aus.
Wir fuhren lange durch das brasilianische Gaucholand. Die Landschaft immer noch saftig grün. Gaucho sein ist so was wie eine Auszeichnung. Mit Stolz sagt der Gaucho, das er Gaucho ist. Und schick dazu. Mit breiter Krempe am Hut und hellledernen Stiefel bis zum Knie.
An der Grenze zu Argentinien nächtigten wir in Uruguaiana ein letztes Mal in Brasilien. Einem spektakulären Sonnenuntergang über dem Rio Uruguay auf der Terasse der Vermieterin im 3. Stock durfte Toshi beiwohnen.
Vier Wochen Brasilien. Tolle Menschen und schöne Landschaften. Regenwald und Fruchtsäfte. Guter Kaffee und tolles Obst. We had a great time. Good bye, lovely Brasil!
Da der Tag schon weit forgeschritten war, machten wir in Gualeguaychú halt. Eigentlich wollten wir beim Anglerclub zelten. Das, was da für 500 Arg. Pesos geboten war, ging gar nicht. Zudem war alles schlammig. Unweit von Zentrum fanden wir eine gute Unterkunft zum moderaten Preis. Gualeguaychú ist ein Touristenmagnet für argentinische Kurzurlauber. Sehr nett gelegen an einem Fluss mit Booten, Anglern und Matetee trinkenden Einheimischen auf Campingstühlen. Wir leisteten uns ein Bier über dem Wasser und einen Flussfisch in einem Restaurant. Schlenderten umher und genossen Regenfreiheit bei milden Temperaturen.
Tags darauf ging es durch die Sumpfgebiete zwischen dem Rio Urugauy und dem Rio Parana in Richtung Azul. Eine Nacht sprang noch in Chivilcoy raus. Außer gigantische Agrageräte nichts gewesen. Habe ich je erwähnt, das sonntags alle Restaurants außer Eisdielen geschlossen sind oder bei den Wenigen erst um 21h etwas Essbares zu kriegen ist? So bekamen wir ein geschmackloses ungetoastetes Toast und gingen früh zu Bett.
Endlos gerade aus ohne viel Ablenkung gehe ich in einen tranceähnlichen Zustand, wenn die Strassenverhältnisse dies zulassen. Und sie lassen es zu. 16 Monate auf der Strasse. 18 Vollmonde. Drei verlorene Zähne und um eine Kontaktlinse leichter. Bilder kommen und gehen, Szenen laufen ab, wehmütige Momente und Highlights sagen Guten Tag und verschwinden wieder. Es wird wohl Monate brauchen bis alles verarbeitet ist. Jetzt wird ja nur fleissig gesammelt und im Oberstübchen eingelagert.
Auch Ängste steigen hoch, wenn man so ganz drinnen ankommt. Sie wollen gesehen und gewürdigt werden. Fragen werfen sich wegen Africa auf. Allesamt dazu da, um genauestens zu prüfen, ob wir auch an das Wichtigste denken und unsere Vorbereitungen gründlich treffen. Wenn was vergessen wird, dann meldet sich Angst. Guter Feuermelder. Doch auch gute Gefühle wie “getröstet sein” durch Familie und Freunde, die diesen Weg mit uns gehen. Si claro: Aufblitzende Freude beim Gedanken, das wundervolle Africa bereisen zu dürfen.
Unsere letzten Tage in Südamerika sind gezählt. Noch sind wir so beschäftigt, unsere Überfahrt zu regeln, das keine Zeit zum langsamen “Abschied nehmen” bleibt. Vermutlich erst im Flieger werden wir realisieren, was so vor sich geht. Aber bis dahin wird es wohl noch ein bisschen Aufregung und Spannung geben.
Wir lieben und vermissen euch!
Toshi und Heike
Datum: Samstag, 2. November 2019, Position: Garupaba do Sol bei Jürgen und Morgana , Stimmung: Gut!
Neuigkeiten
Ihr Lieben, Guten und Schönen!
Noch in Florianópolis bekamen wir von Jürgen, der ursprünglich aus Bonn ist, und Morgana, die eine Brasilianerin ist, und aus Blumenau stammt, eine Einladung bei Ihnen zu verweilen. Ihr Haus steht direkt an einer Lagune. Wunderschön gelegen, allerdings mit extremen Wind versehen, so das selbst das Federkleid der Reiher total verzaust. Die Fischerboote haben ihre große Mühe, bei diesem Sturm voran zu kommen. Sie schieben ihre Boote eher. Die Lagune ist nämlich nicht tief.
Bevor wir aber dort ankamen, verbrachten wir unseren Mittag und Nachmittag bei Ana, Nadja und Didi in Imbituba. Genau bei denen, die wir auf unserer Zugfahrt von Curitiba nach Morretes kennen gelernt hatten. Es war eine ganz wunderbare Begegnung, bei der wir einen Sprachübersetzer des Handys benutzten, um zu kommunizieren. Denn weder wir sprechen portugiesisch noch sie etwas anderes als das.
Leider kann mit solch einem Übersetzer nur ganz basal kommuniziert werden. Wir hätten so gerne mehr erfahren über ihr Leben in Brasilien, insbesondere über Nadja’s Leben. Sie wurde mit einer Cerebralparese geboren, und kann deshalb nicht sprechen. Ihre Assistenz bekommt sie durch ihre Schwester Ana und Didi. Mein Herz ging auf als Didi, der Mann von Ana sagte, das der Arzt empfehle, Nadja intubieren zu lassen, weil sie sich beim Essen oft verschluckt. Sie aber beschlossen, das nicht zu tun. Sie verlöre sonst an Lebensqualität.
Wir waren alle traurig als wir weiter zogen. Wenn wir nicht fest verabredet gewesen wären, wären wir geblieben.
Über die Stadt Laguna und mit einem kleinen Schiff, das uns über die Lagune brachte, wurden wir von Jürgen und Morgana herzlich begrüßt. Heute sind wir schon den dritten Tag hier, und verbringen unsere Zeit mit weiteren Recherchen, wohin es für uns weitergeht. Ein bisschen Hilfe im Haushalt, quatschen und ausruhen bevor es dann relativ zügig durch Uruguay und Argentinien nach Buenos Aires geht. Denn wir haben beschlossen unseren Heimweg nach Deutschland über Afrika zu nehmen.
Wir werden am 23.11. nach Kapstadt fliegen. Das Motorrad kommt ein zwei Tage später nach. Dann wollen wir quer durch Afrika Richtung Äthiopien fahren. Wie wir wieder nach Europa kommen, werden wir sehen, wenn wir dort sind. Denn es gibt viele Reisende in Afrika und einige Facebookgruppen, die alle samt sehr unterstützend sind und sich gut auskennen. Auch kann sich in Afrika, bis es soweit ist, immer etwas ändern.
Deshalb haben wir auch wenig sightseeing gemacht und sind nur langsam voran gekommen. Planung braucht gutes Internet. Wo immer wir dies vorfanden, blieben wir ein paar Tage.
Ihr Lieben, das sind die Neuigkeiten! Wir haben Respekt vor diesem Schritt und gleichzeitig freuen wir uns wie verrückt auf Afrika.
Wir lieben und vermissen Euch!
Toshi und Heike
Datum: Samstag, 26. Oktober 2019, Position: Florianópolis, Pousada Lagoa da Conceicao, Brasilien, Stimmung: Gut!
Kitsch, Kommerz oder Heimwehmedizin
Schützenfest mit schwerem Geschütz
Ihr Lieben, Guten und Schönen!
Während in dem so stabil anmutenden Chile Demonstrationen, Strassenblockaden, Ausgangssperren, Plünderungen, geschlossene Geschäfte an der Tagesordnung stehen, und das Militär die Führung übernommen hat, zeigt sich hier in Brasilien auf Florianópolis beschauliche Ruhe, das tägliche Geschäft, Wind und Kitesurfen in der Lagune, Amusement und ganz viel Regen.
Florianópolis ist eine mit dem Festland durch eine Brücke verbundene Insel im Atlantik und befindet sich im Department von Santa Catarina. Ausflugsziel der reiselustigen Brasilianer und Surfer dieser Welt. Grün ist sie mit Bananenpflanzen bewachsen. Fast tropisch bei kühlen 23°. Die hohe Luftfeuchtigkeit lässt die Wäsche nicht trocknen.
Zum Glück hatten wir uns für ein Apartment mit Kochmöglichkeit und Waschmaschine anstatt Zelt entschieden. Schon am ersten Abend unserer Ankunft gab es ein Unwetter mit Hagel, das es sich gewaschen hatte. Wir wären gnadenlos abgesoffen! So geniesen wir die Annehmlichkeit einer trockenen Bleibe und kochen unserem Budget zuliebe selbst.
Apropo Atlanik. Nach 47000 km sind wir das erste Mal wieder am Atlantik, von wo wir vor 15 Monaten in New York gestartet sind. Unsere Reise passierte vor unseren inneren Augen. Was alles in dieser Zeit an Kuriositäten, Schönem, Schwierigem, Überwältigendem, Erschütterndem, Berührendem, Bezauberndem und ganz Wunderbarem geschehen ist! Welche Gastfreundschaftlichkeit und Wohlwollen wir erfuhren und welche Anblicke uns den Atem raubten! Welche Unterstützung wir erleben durften bei den diversen Motorradproblemen, die speziell mir das Lachen vergehen ließen. Und jetzt sind wir hier! Was ein Ding.
Unser erstes nicht zu fassendes Großereignis war Sturges in North Dagota mit seinem größten Harley Treffen der Welt. Unser leztes das zweitgrösste Oktoberfest der Welt in Blumenau, Brasilien.
Kitsch, Kommerz oder Heimwehmedizin. Kitsch absolut ja. Kommerz auch ja. Heimwehmedizin nein. Eher verwirrend und kontrovers. Es heißt “Deutsches Fest, brasilianisch gefeiert”. Soweit wir das beurteilen können, stimmt das. Wir waren ja noch nie auf einem Oktoberfest. Selbst in München nicht. Die Brasilianer feiern, lachen und tanzen gerne. Es herrscht eine freudige Ausgelassenheit und Sorglosigkeit vor. Witze werden gemacht. Unsere Art von Karneval, lässt uns Edla wissen, die schon in der fünften Generation in Brasilien lebt. Deutsch habe sie zuhause gelernt.
Es kommt uns irgendwie verstörend vor. All die deutschen Namen zu lesen und die deutsche Beflaggung am Wegesrand zu sehen, auf unserem Weg nach Pomerode. Verstörend, weil die Landschaft und das Klima so gar nicht zu dem Rest passen. Jaragua do Sul beherbergt das grösste Schützenfest im südlichen Brasilien. Ein Plakat zeigt schweres Gerät an den Schützen. Fragezeichen steigen in unsere Köpfe. Sie scheinen ihre Schusswaffen zu lieben.
Hotel Schwerin verrät uns, das Pomerode ursprünglich von Norddeutschen im heutigen Polen gegründet wurden. Die Bäckerei Tortenparadies könnte auch im Schwarzwald beheimatet sein. Galerie Teichmann, der Maibaum in old Germany. Die Brauereikneipe Eisenbahn ähnelt der Brauereikneipe in Zuzenhausen. Soviel blonde Männer, Frauen und Kinder habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Manche tragen Dutt oder Zöpfe. Die 20iger bis 60iger Jahre klingeln an.
Wir lernen Sven aus Hannover kennen, der lange in Sao Paulo gelebt hat, und jetzt eine Kneipe in Pomerode führt. Er würde uns “was Deutsches” kochen, z.B. richtigen Kartoffelsalat, wenn wir noch bleiben würden. Er ist nämlich nicht nur Kneipenbesitzer auch Koch. Deutsch kochen könnten sie hier nicht, meint er. Er wolle nach Florianópolis umziehen, weil in Pomerode nichts los sei. Super nettes Angebot. Auch uns trieb es weiter.
Für uns passt die brasilianische Sprache hier überhaupt nicht ins Bild. Fast wie in den Bildergeschichten “Was stimmt hier nicht”. Irgendwie kriegen wir das in unserem kognitivem System nicht unter.
Der Kellner in der Eisenbahnkneipe, wie viele andere hier, spricht deutsch. Durch ihn lernen wir, das sich die Deutschsprachigen als Brasilianer verstehen. Nicht als Deutsche. Sie haben nur das bewahren wollen, was Gutes mit nach Basilien ausgewandert ist. Hausbau, Sauerkraut und Kuchen. Die deutsche Sprache von Mutti gelernt, die gerade 107 geworden war, erzählt er uns.
Spätestens in Blumenau stellen unsere Gehirne auf “nur noch Empfangen und nicht mehr Verarbeiten” um. Ich kann nur noch Grinsen, und verliere es erst wieder als wir das Oktoberfest, wofür eigens ein kleines bayrisches Dorf errichtet wurde, mit unserem Motorrad verlassen. Wir wollten eigentlich nur ein kitschiges Bild vom Eingangsportal machen und dann nach Florianópolis weiter fahren.
Doch dann kam ein Offizieller, noch mehr Offizielle und luden uns ein, mit dem Moped direkt auf das Gelände zu fahren. Direkt durch das Hauptfestzelt, indem deutsche Stimmungsmusik gespielt wurde. Wir waren vermutlich die Wenigen, die die Texte wie “In München steht das Hofbräuhaus” oder “ Ein Prosit, ein Prosit…” Viva Colonia…” “Zigge, zagge, Hoy hoy hoy” wirklich verstanden haben. Naja, verstanden….. In Deutschland wäre das vermutlich nur für Politiker und VIP’s möglich gewesen.
Edla nahm sich Unser an, übersetzte, organisierte, spendierte Trinken und Essen vor lauter Freude, Deutsche hier begrüßen zu dürfen. Interviews mit zwei TV Sendern wurden gemacht. Wir waren DIE Sensation auf dem Oktoberfest 2019. Mit Unzähligen gesprochen und gelacht, Fotos und Selfies gemacht. Unbedingt sollten wir noch bleiben, um abends dem Umzug beizuwohnen, sagt Edla, die auch auf einem der Wagen mit ihrem Teufelgeige spielenden Ehemann mitjubelt. Um 16h waren wir so erschöpft von dieser sprachlosen Erfahrung, das wir uns eine Pousada suchten, den Umzug anschauten und früh zu Bett gingen. Irgendwie eine “im falschen Film” Erfahrung. Noch immer kommt es mir unwirklich vor. Das ist auch Brasilien!
Du Gute! Bist so unendlich reich an Botanik, an Lebensfreude, Kontaktfreudigkeit und Wohlwollen. Deswegen allein bist du ein Reiseziel wert!
Wir wünschen Euch ein tolles Wochenende und einen guten Wochenstart!
Küsse, Toshi und Heike
Unfassbar das!
Gewitter in Florianópolis bei Ankunft
Noch unglaublicher der Umzug
Und es kam völlig anders als geplant. Wie immer.
Eigentlich wollten wir nur ein Foto vom Oktoberfesteingang machen in der Vila Germanica
Datum: Montag, 21. Oktober 2019, Position: Hotel Rebouças, Curitiba, Brasilien, Stimmung: Top!!
Brasilien, du Wundervolle!
Good Vibes: Mit Manolo und Angela, Jeff und Ingrid in Morretes
Ihr Lieben, Guten und Schönen!
Inzwischen sind wir schon einige Zeit in diesem so erstaunlichen Brasilien. Es ist einfach unglaublich grün. Regenwald mit allem was dazu gehört. Vor allem wächst alles in riesig. Blumen in schrillen Farben wie selbst die Käfer, Schmetterlinge und Vögel.
Die Menschen sind unfassbar offenherzig, interessiert, sehr kommunikativ, hilfsbereit, freundlich und großzügig. In den wenigen Tagen, in denen wir jetzt hier sind, sind wir um unzählige Kontakte, Umarmungen, Händedrücke und Küsse reicher. Absolut anders als in Argentinien oder Chile.
Allein mit der Sprache haben wir unsere Problemchen. Selbst Toshi kommt hin und wieder ins Straucheln. Es ist zwar einfacher als Portugiesisch, bleibt aber trotzdem häufiger unverständlich. Es braucht Zeit, sich intuitiv da reinzuhören. Sie reden sehr schnell und als ob sie eine große heiße Kartoffel im Mund hätten. Hallo heißt hier Hoi! Toshi wird bei jeder Kartenzahlung gefragt, “creschdodeppschd?” Da soll mal einer draufkommen. Brasilianer lieben Musik. Sie scheinen sie fast mit der Muttermilch eingeflößt zu bekommen.
Es gibt wieder Früchte und Gemüse in Hülle und Fülle. Was ein Fest! Selbst in den Churrascerias (Fleischrestaurants) gibt es soviel für Vegetarierer, das es sich auch für “nicht Fleischliebhaber” lohnt, dort zu essen. In großen Restaurants wird meistens ein Buffet aufgebaut und nach Gewicht bezahlt, oder man isst “all you can eat”. Immer gibt es viel Salat und Gemüse.
Die Fruchtsäfte sind der Hammer! Auch der Kaffee kann sich echt sehen lassen. Kuchen und kleine salzige Leckereien gibt es in den vielen Bäckereien. In eine Chopperia geht man zum Bier trinken. Es wird viel Maniok gegessen. Manche sagen, das die armen Menschen Maniok zum “satt machen” essen. Es werden gerne Suppen und Nudelgerichte gespeist. Der hiesige Zuckerrohrbrand (also im Grunde “Rum”) heißt Cachaça.
Gestern waren wir eine lokale Spezialität in Morretes essen: Barreado. Ein Fleischeintopf, aus (vermutlichgetrocknetem) Rindfleisch, mit vielen Gewürzen und Knoblauch versehen, wird er 8 Stunden gekocht. Auf dem Teller wird es dann mit Maniokmehl zu einem Brei verrührt und man lässt es sich zusammen mit frischen Bananen, fritierten Shrimps und Fisch munden. Dazu wird Maraqujasaft getrunken, und es gibt frittierten Fisch und Shrimps dazu. Echt lecker. Als Amuse Gueule wird Kartoffelsalat mit Mayonaise, Ceviche und Shrimpssalat gereicht. Üppig!
Was in den letzten Tagen unserer Reise geschah: Einige Tage waren wir noch im Hostal Manga Rosa, in Foz do Iguaçu, um unsere weitere Reise zu diskutieren, zu recherchieren, Kontakte zu knüpfen, die Botschaft in Buenos Aires wegen unserem Carnet de Passage anzuschreiben und auch, um uns auszuruhen. Denn wie es so typisch für uns ist, legen wir ja gerne mal ein paar Hundert Kilometer am Stück zurück. Was auch bei unserem Weg von Argentinien nach Brasilien der Fall war. Dementsprechend fertig waren wir mal wieder. Auch die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit trug ihren Teil dazu bei.
Die Wasserfälle von Igauzu auf der brasilianischen Seite lassen noch einmal einen ganz anderen Blick auf das Naturwunder zu. Für Rollstuhlfahrer, oder wie man auch gerne sagt “chair traveller”, ist die Zugänglichkeit zwar da, aber aufgrund der Architektur der Anlage mit den Plattformen schwieriger. Ich erinnere daran, das wir ja dort nicht alleine waren. Den tollen Blick konnte also Toshi nur allein erspähen, da ich vor lauter Menschen nichts außer Hinterteile gesehen hätte. Ich wartete also an einer passenden Stelle, um Wasserfälle und die brasilianische Mode zu bestaunen.
Spontan entschlossen wir dann noch, den Itaipú Staudamm zu besuchen. Es ist weltweit das größte Wasserkraftwerk mit einer 200m hohen Staumauer und 20 Turbinen. Die Fallrohre jeder einzelnen Turbine haben einen Durchmesser von 20 m, und allein durch den Überlauf kann hundert Mal soviel Wasser strömen, wie die Iguazu Fälle hinunterstürzt. Das Wasser, das hier arbeitet, hat zuvor schon 40 mal an anderen Wasserkraftwerken Strom produziert.
Das Wasserkraftwerk verbindet Paraquay und Brasilien miteinander. Sie teilen sich den Strom zu jeweils 50%. Itaipú deckt 85% des gesamten Strombedarfes von Paraguay und 15% von Brasilien ab. Interessant ist nebenbei, das der gesamte Strombedarf von Brasilien, diesem riesigen Land, überwiegend weniger durch Wasserkraft gewonnen wird. Es gebe zwar 2 Atomkraftwerke (richtig gelesen: zwei!), davon sei aber nur eins in Betrieb, sagt uns Jorge. Itaipú erscheint uns wie eine Kathedrale der Wasserkraft. Unglaublich riesig, beeindruckend, und auf eine ganz eigene Art schön!
Jorge (oder George) ist Manager im Kraftwerk. Er ist verantwortlich für die Straßen und Anlagen auf dem Gelände. Und Jorge ist auch Motorradfahrer. Er nennt eine prächtige Harley sein Eigen. Wir lernen ihn am Straßenrand kennen, nachdem wir mit Bedauern feststellen mussten, dass wir nicht mit der Dicken auf das Gelände durften. Auf noch einmal in einen Bus und durch die Gegend gefahren werden, hatten wir an dem Tag keine Lust mehr.
Jorge fragte uns, ob alles ok mit uns sei. Ja antworteten wir und erzählten ihm von unserem Bedauern. Er überlegte höchstens 30 Sekunden und bot uns dann an als seine Gäste mit ihm als Guide für den übernächsten Tag, eine Runde auf dem Gelände zu drehen. Wow, welch Angebot!
Es war ein toller Nachmittag mit ihm, denn wir fuhren mit unseren eigenen Mopeds auf der Staumauer bis nach Paraguay rüber. Also waren wir illegal eingereist und auch wieder ausgereist. Allerlei mehr lernten wir noch über das Wasserkraftwerk, und genossen die brasilianische Gastfreundschaft, von der uns in den darauffolgenden Tagen immer noch mehr entgegen gebracht wurde.
Denn während unserer weiteren Reiseplanung stand mal wieder eine neue Bereifung und die Reparatur der hydraulischen Vorspannung am Beiwagen an. Die Waschbrettpisten hatten schon in Chile die Aluminiumaufhängung durchgerüttelt, das Handrad geriet ins Beiwagenrad, und die Hydraulikverbindung riss ab und war hin. Also schrieben wir die Gemeinschaft der Motorradfahrer in Südamerika per Whattsapp an, und Manolo meldete sich bei uns. Er bot an, uns in Curitiba behilflich zu sein.
Wir machten uns also auf den Weg nach Curitiba. Eine Nacht verbrachten wir in Guarapuava. In einer Chopperia umme Ecke ließen wir uns bei Livemusik einen Chopp (Bier vom Fass) aus einem zünftigen Totenschädelglas schmecken, nachdem wir zuvor in einer Pizzeria lecker gegessen hatten. Hmm! Endlich mal wieder richtig guter frischer Salat!
Curitiba hat 1,6 Millionen Einwohner (liegt damit zwischen Hamburg und Frankfurt) und zig Parks, in denen flaniert, gepicknickt und gesportelt wird. Eine grüne Millionenstadt, die sich irgendwie gar nicht so groß anfühlt. Auf jeden Einwohner kommen sechsmal soviel Grünfläche, wie von der WHO empfohlen! Architektur in Hochhausform. Doch keines der Hochhäuser gleicht dem anderen. Es gibt einen prächtigen botanischen Garten, eine blaue Moschee und jede Menge Kunst. Das Museum “Das Auge” zu Ehren Oskar Niemeyer zum Beispiel. Und, wie so oft in Lateinamerika, beeindruckende Graffitis.
Wir suchten uns mal wieder einen Wolf, um ein einigermaßen günstiges Hostal zu finden. In Großstädten ist das quälend, und dann auch noch Freitags nachmittags. Letztlich strandeten wir hier im Hotel Rebouças, das sich dann doch als sehr nett herausstellte. Zwar mit einem Wasserproblem, aber mit wirklich netten Angestellten. Der Eigentümer ließ uns seinen Drucker benutzen und erstattete uns sogar eine Nacht, weil es seit gestern Abend gar kein Wasser mehr gab. Doof, vor allem so ohne Klospülung.
Manolo lud uns für Freitag abend zu sich und seiner Familie zum Essen ein. Er kam uns sogar abholen. Mit von der Partie war Jeff, mit dem Manolo letztes Jahr nach Ushuaia gefahren war. Sogleich wurde der nächste Tag geplant. Erst Stadtrundfahrt zu viert, dann Werkstatt, dann Mittagessen und Stadtrundfahrt II mit Jeff und seiner Frau Ingrid auf seiner K1600GT. Unterdessen wurde für uns geplant. Der Zug von Curitiba bis Morretes durch den Regenwald wurde aufs Programm genommen.
Und genauso lief es dann ab. Schon der gemeinsame Abend bei Manolo und Angela (samt Sohn Juan, der perfekt Englisch sprcht, aber leider etwas scheu ist) war trotz Sprachbarrieren lustig und völlig entspannt.
Am nächsten Tag ging es genauso weiter. In der Werkstatt ein riesiges Hallo mit allen, die dort zur Reparatur kamen. Das Wohin, Woher, wieviel Kilometer und wie lange schon standen wie immer im Vordergrund. Fernando, der Besitzer, fuchste sich in die Hydraulik ein, ließ Hinterachsgetriebeöl und Bremsbeläge wechseln. Toshi wurde mit dem Hinterrad zum Reifenhändler gefahren. Am Ende waren 3 Stunden vergangen, alles war repariert, und Fernando wollte gar nichts dafür haben. Außer unseren Sticker. Den wollte er für seine Werkstatttür. Uns fehlten einfach die Worte! Jeff erklärte uns, Fernando habe gesagt, Geld sei nun Mal nicht alles. Was für ein großzügiger und sympathischer Mensch!
Abends um 19h waren wir, mit Zugtickets bestückt, wieder glücklich und erschöpft im Hotel zurück. Ich schrieb noch mit Elsa, die eine sehr gute Freundin unserer Freundin Claudia ist. Sie lebt in Südbrasilien und hat uns zu sich eingeladen. Wieder ein Beweis der unglaublichen Gastfreundschaft in diesem Land.
Jeff holte uns am Sonntag Morgen mit dem Auto ab und brachte uns zum Zug. Zwar eine Stunde zu früh, denn in der Nacht wurde auf einigen Handys vom Provider die Zeit verstellt, was bei uns am Morgen schon für Verwirrung gesorgt hatte. Toshi checkte die Zeit auf zwei Websites, und schlief ruhig noch 45 Minuten weiter. Unser Freund Jefferson stand allerdings eine Stunde früher auf der Matte, und war sich ganz sicher, dass seine Zeit die richtige ist. Für mich blieben dann nur noch wenige Minuten! Und ohne Kaffee laufe ich ja nur auf 2 statt 8 Zylindern.
Die Zugfahrt dauerte 4,5 Stunden und ging durch den Regenwald und auf windige Höhen. Nicht so hoch wie in Peru, aber schwindelerregend genug. Regen und Nebel gab’s auch zur Genüge, sodass wir keine Fernsicht hatten. Doch Regenwald geht ja immer, und da passt das ja dann auch.
Im Zug wurden wir Deutschen freudigst begrüßt. Eine Geburtstag feiernde Gruppe aus Blumenau (dem Ort des hier weithin berühmten Oktoberfests, und angeblich jeder Menge Deutscher Kultur) war auch mit von der Partie, nahm jedoch keinen direkten Kontakt auf. Mit uns fuhr aber noch eine brasilianische chair travellerin und ihre Schwester samt deren Tochter. Am Ende der Reise hatten wir eine Einladung nach Florianópolis in der Tasche. Ja, echt unvorstellbar!
In Morretes, einer ziemlich alten Stadt die, mit üppig Patina versehen, an portugisische Kleinstädte erinnert, und die mitten im Regenwald liegt, holten uns Jeff und Ingrid vom Zug ab. Manolo und Angela stießen im Restaurant zu uns. Nach dem Mittagessen (eben jener Barreado), wozu wir eingeladen wurden, gab’s zuerst einen Spaziergang durch die Stadt, und dann noch ein Besuch in einer kleinen aber feinen Cachaça Destillerie, deren Erzeugnisse sogar nach Deutschland importiert werden. Casa Poletto heißt die Brennerei, Oro de Morretes ihre Produkte. Sie gewann in Brüssel eine Goldmedaille. Nun ist auch ein Fläschchen Cachaça mit im Gepäck.
Die Strecke zurück, die Rota Graciosa, ist eine hübsche Motorradstrecke. Zum Glück fuhren wir aber mit dem Auto, denn es regnete ziemlich. Auf halber Strecke verabschiedeten wir uns von Ingrid und Jeff. Später setzten uns Manolo und Angela am Hotel ab. Wir werden sie wohl so bald nicht wieder sehen. Wenn überhaupt. Es sei denn, sie folgen unserer Einladung, und kommen uns in Deutschland besuchen, was wir sehr hoffen! Es fühlt sich wie immer sehr einsam an, wenn wir Freunde verabschieden müssen!
Heute regnete es in Strömen als wir aufwachten. Ganz sicher kein Tag zum Losfahren! Es gab ja noch Schreibarbeit, Liegengebliebenes und natürlich den längst überfälligen Blogeintrag.
Toshi machte sich an den Antrag für das Carnet de Passages beim ADAC und ich an den lange fälligen Blogeintrag. Zwischendrin suchten wir den DHL Shop auf, und gaben den Antrag in Papierform an den ADAC auf. Nun ist auch dieses Papier auf seinem Weg nach Deutschland. Vorab geht das Ganz noch per EMail auf den Weg, damit die Bearbeitung schneller geht. Ganz toll ist: wir erhielten eine Rückantwort vom Auswärtigem Amt, dass wir ausnahmsweise den diplomatischen Kurier benutzen dürfen, und das Carnet dann in der deutschen Botschaft in Buenos Aires abholen können. Es gibt wohl kaum einen sichereren Versandweg für dieses so wertvolle Dokument!
Unsere Zeit läuft ja bald ab in Südamerika. Und das weitere Wohin und Wie Weiter will gut geplant sein. Mehr möchten wir erst einmal noch nicht preisgeben, denn es kann sich immer noch etwas ändern. Sobald wir alles in mehr oder weniger trockenen Tüchern haben, schreiben wir mehr dazu. Versprochen!
Morgen geht es dann in den deutschen Part von Brasilien. Hotel Bergblick, Pizzeria Bierwein und wie sie alle heißen. Zum Teil für uns wirklich irre Namen! Blumenau und Pomerode nennen sich hier Städte. Die Bar heißt Schornstein und es gibt ein Bier namens Eisenbahn. Das zweit- oder drittgrößte Oktoberfest der Welt findet jedes Jahr in Blumenau statt. Wir sind wirklich neugierig auf soviel Deutsch. Wie wird das sein? Kitsch, Kommerz oder Heimwehmedizin?
So, genug für heute. Wir lieben und vermissen euch! In Liebe, Toshi und Heike
Foz de Iguaçu, Itaipu Damm, Bier in Guarapuava, Curitiba, Zugfahrt nach Morretes
Jeff, Manolo, Angela und Ingrid
Der großzügige Fernando