Bolivien

Datum: Samstag, 27. Juli 2019, Position: Sajama Nationalpark, Bolivien, nahe bei Tambo Quemado, dem nördlichsten Grenzübergang zwischen Bolivien und Chile, Stimmung: Top!!

Eine wirkliche Entdeckung, abseits der ausgetretenen Pfade

Groß und mächtig: Der Sajama wacht über sein Dorf.
Groß und mächtig: Der Sajama wacht über sein Dorf.

Ihr Lieben, Guten und Schönen!


Aus Sucre wären wir fast nicht wieder weg gekommen. Alle Straßen, aus Sucre heraus waren wegen Schnee- und Eisglätte gesperrt. Nun, es ist Winter, und alle Wege führen über mehr als 4000 Meter hohe Pässe oder Ebenen. Nach Potosi runter, oder nach Cochabamba hoch wäre ohnehin ein ziemlicher Umweg gewesen, und das sind die deutlich dichter befahrenen Strecken. Die Ruta 6, die so genannte “Diagonal Jaime Mendoza”, erst seit letztem Jahr vollständig geteert, ist der direkte Weg nach Oruro, aber sie verläuft über weite Strecken über 4000 Meter hoch, hat einiges an Kurven zu bieten, und es gibt kaum eine Möglichkeit, abzubrechen, und zu übernachten, wenn der Straßenzustand zu schlecht sein sollte. 


Also haben wir noch einen Tag zugewartet, und aufmerksam alle Nachrichten der ABC, der Bolivianischen Straßenbehörde, sowie den Wetterbericht beobachtet.


Gestern morgen ging es dann los. Eiseskälte schon in Sucre. Da ich beim Aufrödeln und Einsteigen Heikes Regler für die Heizklamotten verbaselt hatte, kamen wir statt um 9 Uhr erst um 10 Uhr los. Da wärmte dann die Sonne schon etwas. Wir verpassten wegen einer Umleitung aus Sucre heraus die letzte Tankstelle, und mussten noch einmal eine Viertelstunde zurück fahren. Auf der Strecke gibt es laut Auskunft Ortskundiger keinen Sprit… 


Also noch einmal Zeit verloren, auf der doch langen Strecke nach Oruro, und wir gerieten etwas unter Druck. Während zunächst die Strecke weder aufregend noch anspruchsvoll zu fahren war, und wir gut vorankamen, kam dann doch noch die (schon längst passiert geglaubte) Vollsperrung wegen Baustelle, die wir bei unseren Recherchen schon gesehen hatten, und die nur zwischen 11 und 13 Uhr passierbar ist. Glücklicherweise hatten wir das Timing durch die Verzögerungen fast perfekt hinbekommen, und durften nach zwanzigminütiger Wartezeit bereits weiterfahren. Nicht ohne ungefähr zwanzigmal die Fragen nach Woher und Wohin beantwortet zu haben, und natürlich: Was kostet das Motorrad? Denn den ganzen anderen Wartenden war schon etwas langweilig, und da waren wir eine willkommene Unterhaltung. Prima!


Dafür reihten wir uns dann auch fast ganz vorn an der Warteschlange ein, und hatten dann einigermaßen freie Fahrt auf der zum Glück nur zum Teil etwas raueren Baustellenstrecke. Staubig wars allerdings!


Die weitere Strecke hatte neben einigen spektakulären Aussichten und Kurven eigentlich nicht viel neues zu bieten, und zog sich dann doch etwas.


Oruro war, wie gehabt, keine besonders einladende Stadt, und da wir nicht wieder teuer übernachten wollten, wählten wir das Hotel Bernal. Nach langem Suchen, unter anderem, weil nicht nur Booking.com die Hotels (hier in Südamerika ziemlich oft, und teilweise dramatisch!) falsch auf der Karte plaziert, sondern sogar in iOverlander, unserer liebsten App zur Unterkunftssuche, gelegentlich Koordinaten vollkommen falsch eingegeben werden.


Gut. Das von uns eigentlich favorisierte Hotel Residencial Archangel Miguel passierten wir am nächsten Morgen ganze fünf Blocks weiter nördlich, als in der App verzeichnet. Das Bernal hielt sich auch in sehr engen Grenzen. Es roch im Zimmer furchtbar nach Lösungsmittel, das Fenster öffnete in einen winzigen Kamin von Innenhof, und es war auch richtig kalt.


Also am nächsten Morgen schnell weiter, denn wir erhofften uns vom Nationalpark Sajama und dem Weg dorthin etwas Abwechslung, wenn auch nicht wirklich Wärme. 


Zunächst zog sich die Straße schnurgerade durch wirklich plattes Land. Dann begannen hügeligere Landschaften, und die Straße zog sich in weichen Bögen durch Sand und bunte Erde.


Bei einer kleinen Pause entdeckten wir zum Glück, dass es eine kleine Kleidungsfehlfunktion gegeben hatte, die uns gut größere Probleme hätte bescheren können: Heikes Heizkleidung, die wir zum Wärmen auch über die Füße und Beine gelegt hatten, und die dadurch zum Teil etwas zusammengeknautscht worden war, hatte an den doppel- und dreilagigen Stellen und auf voller Heizstufe so große Hitze entwickelt, dass nicht nur die Weste selbst etwas angekokelt war, sondern auch Heikes schwarzer Schal aus San Christobal de las Casas.  Und der Reißverschluss der Daunensteppjacke ist auch angeschmolzen, und lässt sich jetzt nicht  mehr schließen. Wir haben Glück gehabt, und daraus gelernt: Vorsicht mit elektrischen Heizklamotten!


Bereits in Sicht des immensen Vulkans Sajama besichtigten wir eine kleine Miniaturkirche. Gerade mal vielleicht einen auf einen halben Meter misst das Gebäude, und beeindruckt durch seinen authentischen Stil.


Vorbei am Sajama und mit Aussicht auf einige weitere Schneegipfel erreichen wir die Einfahrt zum Nationalpark. Wir hatten uns überlegt, weiterzufahren, und eventuell noch heute nach Chile einzureisen, waren wir doch gut durchgekommen, und es noch früh am Tag. Zum Glück haben wir uns für die Übernachtung in Sajama entschieden!


Der Eintritt für den Nationalpark ist mit hundert Bolivianos pro Kopf ziemlich happig. Immerhin sind das runde 13 Euro, und das Hostal Oasis verlangt für uns beide zusammen nur 140 Bolivianos.


Das Oasis ist ein hübscher Bau, etwas kühl vielleicht, Es gibt zwar eine elektrische Heizung die aber wohl nicht so ganz funktioniert, weil im ganzen Ort die Elektrik wohl etwas wackelig ist. Wir essen abends im Restaurant des Oasis fast bei Dunkelheit, weil kaum eine der Lampen wirklich Licht gibt. Auf einmal, während des Essens, dimmen alle Lampen herunter, einige gehen ganz aus. Der Gastgeber kommt herum, entschuldigt sich, und erklärt, es liegt an der Stromversorgung im Dorf. Wir sind froh, dass hier im Restaurant die Heizung mit Gasheizpilzen läuft, und genießen das Essen im Dämmerlicht.


Zuvor hatten wir noch das Dorf erkundet. Wunderbare Ausblicke in alle Richtungen, vor allem der im Licht des Sonnenuntergangs erglühende Sajama und die beiden Chilenischen Gipfel, zwischen denen die Sonne untergeht, haben es uns angetan.


Der etwa 11 Kilometer lange Weg hierher war übrigens interessant für uns. Die erste richtig sandige Piste. Nicht durchgehend weicher Untergrund, aber doch immer wieder Abschnitte mit richtig tiefem und losem Sand. Da macht so ein Schwenker buchstäblich was er will, und wir beschließen schnell, die starre Stütze einzusetzen. Damit kommen wir gut voran, und es fängt an, richtig Spaß zu machen. Starr fahren kann etwas haben… Man kann dabei so schön mit Gasgeben und Gaswegnehmen steuern. Wir haben die ganze Breite des Weges für uns, und fahren größtenteils ganz links, weil ich da mit dem Hinterrad am besten Grip finde. Das Lenken beschränkt sich mehr oder weniger auf Lenker gerade halten, und man lässt dann einfach mal das Hinterteil machen…


Morgen früh geht es über die Grenze nach Chile. Der Übergang Tambo Quemado ist nur wenige Kilometer von der Abzweigung unserer Sandpiste auf die Ruta 4 entfernt. Wir wollen trotzdem früh los, denn bis Arica an der Küste sind es gute 250 Kilometer recht kurvige Strecke, und der Grenzübergang ist für Lastwagenschlangen bekannt. Früh, das heißt, wenn die ersten Sonnenstrahlen uns wärmen können. Also so gegen 9 Uhr, vielleicht halb Zehn.


Soweit für den Moment, Ihr Lieben, es geht weiter in Chile!



Eintrag erstellt am Montag, 5. August 2019

Datum: Samstag, 25. Mai 2019, Position: Hostal Casa Isabella, Sucre, Bolivien, Stimmung: Gut!

Nix mit Zucker: Die Hauptstadt Boliviens

Ihr Lieben, hier kommt noch ein Nachtrag zu Sucre. Denn es lohnt sich, noch ein Wenig über diese Stadt zu berichten. 


Der Name der Stadt hat nichts mit Zucker zu tun, vielmehr hat Sucre seinen Reichtum und Status durch reiche Silbervorkommen erlangt. So hieß sie ursprünglich auch Ciudad de la Plata. Den Namen Sucre trägt sie zu Ehren des Freiheitskämpfers Mariscal António José de Sucre. Der Marschall Sucre, dessen Denkmal die Plaza in Sucre ziert, war einer der wichtigsten Kämpfer in Simon Bolivars Befreiungsarmee. So gilt er als Mitbegründer Boliviens. Bolivien war wohl nicht immer so klein (also verhältnismäßig gesehen), wie es heute ist. Teile Nordchiles, Brasiliens und Paraguays gehörten einst dazu, und erst der Pazifische Krieg, über den wir bisher kaum etwas erfahren hatten, ordnete die Verhältnisse neu, so dass Bolivien statt mehrerer Pazifikhäfen (auf heutigem Chilenischen Gebiet) nun gar keinen Zugang mehr zur See hat. Die Bolivianische Marine übt auf dem Titicaca, und für Seefracht hat das Land laut Vertrag Zugang zu einem kleinen Hafen in Südperu. In Chile sehen wir noch heute allerorten die Helden des Pazifischen Krieges, und die “Esmeralda” in Iquique, ein Kriegsschiff und heute Museum, wird stolz zur Schau gestellt. Doch da greife ich etwas vor, denn dieser Beitrag ensteht in Caldera, am Südende der Atacamawüste, und wir haben frisch unsere hautnahen Geschichtsstunden zum Pazifikkrieg hinter uns.


Sucre ist konstitutionelle Hauptstadt Boliviens, aber nicht Regierungssitz. Das ist La Paz. Darum ist La Paz auch nicht die höchstgelegene Hauptstadt der Welt, wenn gleich auch höchstgelegener Regierungssitz. In Sucre sitzt das Bolivianische Verfassungsgericht und andere Rechtsinstanzen. Und man spürt das weltstädtische dieser doch gar nicht so riesigen Stadt. Zumindest im Zentrum. Die Außenbezirke erinnern an die typischen, zum Teil recht schmuddeligen Wohnbezirke der meisten südamerikanischen Städte. Wild gebaut, und nur wenige Häuser wirklich fertig, nach unserem Standard, also verputzt, oder mit passenden Fenstern oder gar Dächern.


Im Zentrum finden wir hingegen viele Bauten in Kolonialstil, weiß getüncht, und zum Teil hervorragend restauriert oder in Schuss gehalten. Man atmet Geschichte zwischen diesen Häusern und Palacios. Die Plaza hat große Grünflächen und Bäume, Bänke, Schuhputz- und Lotteriestände, und sie lädt wirklich zum Verweilen ein. Zumal wenn es, wie heute, doch wirklich kalt ist in Sucre. Normal sei das nicht, auch wenn ja jetzt Winter sei, sagt uns unsere freundliche Hostelbesitzerin. Als es noch dazu anfängt zu regnen, entschuldigt sie sich. Das sei nun für die Jahreszeit vollkommen unüblich!


Wir haben uns hier in Sucre, wie schon erwähnt, mehrmals mit Donald getroffen, der hier seinen Spanischkurs macht, und sich auf sein großes Abenteuer, eine Nacht im Zelt auf dem eisigen Salar de Uyuni, vorbereitet. Wir sitzen einen Abend lang im Patio unseres Hostels zusammen, und klönen über die Welt, das Reisen und die Menschen. Es ist eine Freude, sich mit diesem feinen Menschen zu unterhalten. Trotzdem haben wir uns gestern abend von ihm verabschiedet, und auch wenn wir nun doch noch einen Tag länger bleiben, und wissen, dass wir uns so bald nicht wieder sehen werden: Abschiede muss man nicht wiederholen, und so gehen wir alleine noch einmal ins “Condor Cafe” vegetarisch Essen, und kuscheln uns danach fest in unsere Decken, denn wir bekommen die Kälte kaum aus unserem Zimmer. Heike und ich tragen unsere Chompas, und alles was wir haben.


Apropos: Auch mit der Chompa, dem “traditionellen” Vicunya- oder Alpacapullover, den Evo Morales zu offiziellen Anlässen statt des Anzugs trägt, hat es eine besondere Bewandtnis, die an die “traditionelle” Tracht der Bergbäuerinnen erinnert. “Chompa” bedeutet nämlich schlicht “Pullover”. Nicht erst, seit wir lange mit Nigel gereist sind, wissen wir, dass die Briten Ihre Pullover nicht mit dem bei uns als Englisches Lehnwort bekannten “Pullover” bezeichnen, sondern die Dinger schlicht “Jumper” nennen. Wer hier phonetische Ähnlichkeiten entdeckt, hat wahrscheinlich Recht. Die traditionelle Chompa ist wohl nichts anderes als die hiesige Version eines Pullovers. Ob die indigenen Völker ihre Kleidung auch zum Teil gestrickt haben, oder ob sie als einzige Textiltechnik das Weben verwendet haben, und die Strickkunst erst durch die Spanier eingeführt wurde, habe ich noch nicht herausgefunden. Vielleicht weiß das ja jemand von Euch (oder findet es heraus)?

Eintrag erstellt am Montag, 5. August 2019

Datum: Dienstag, 23. Juli 2019, Position: Hostal Casa Isabella, Sucre, Bolivien, Stimmung: Top!!

Sucre, die weiße Stadt Boliviens

Bolivianische Lautkultur oder Deutsche Leitkultur? Egal: Kultur Berlin!
Bolivianische Lautkultur oder Deutsche Leitkultur? Egal: Kultur Berlin!

Jahaaa, Ihr Lieben, Guten und Schönen!


Nachdem Heike nun niedergeschrieben hat, worüber wir gestern morgen bei einer geeisten Kaffee-Latte (Heimat!) auf der durch kolonialistische Architektur (Leitkultur?) geprägten Plaza 25. de Mayo auf einer Parkbank sitzend, gesprochen haben, will ich jetzt noch von den Erlebnissen der letzten Tage berichten.


Die Plaza 25. de Mayo gilt als die Geburtsstätte von Bolivien. Sucre, die Hauptstadt, nicht aber Regierungssitz ist benannt nach dem Revolutionär und Kämpfer gleichen Namens, der Bolivien in die Unabhängigkeit geführt hat. Eine Weile ist’s schon her, 1809, aber es scheint in den Köpfen einen hohen Stellenwert zu genießen.


Und Bolivien wird derzeit regiert von Evo Morales, dem ersten indigenen Präsidenten dieser relativ jungen Demokratie. Ich habe gerade etwas über ihn und seinen Werdegang gelesen. Einen Artikel der konservativen Konrad Adenauer Stiftung. Auch wenn der Artikel, wie zu erwarten, versucht, kritische Punkte seiner Amtsführung hervorzuheben, erkennt man, wie stark sein Rückhalt nicht nur in der indigenen Bevölkerung ist, die im Land die Mehrheit stellt, und wie seine Politik doch einige Erfolge aufzuweisen hat. Und in den sieben Jahren seit erscheinen des Artikels scheint sich, zumindest nach unserer Einschätzung noch einiges mehr zum besseren gewendet zu haben. Deutlich wird das an geteerten Straßen, die viele, auch weiter von den Metropolen entfernte Regionen erschließen. Im Süden soll es das größte Solarkraftwerk der Welt geben. Also wird auch an Nachhaltigkeit gearbeitet. Klar, es muss nicht unbedingt gut sein, dass das Saatsoberhaupt nun in zwischen die vierte fünfjährige Amtszeit anstrebt. Gerade weil im Bereich von Transparenz und Korruption immer noch vieles im Argen liegt. Aber wer Morales sein Streben nach einer vierten Amtszeit ankreidet, sollte sich mal überlegen, wie lange Helmut Kohl und Angela Merkel regiert hat beziehungsweise regiert, und welche internen, unsichtbaren Machtstrukturen sich in dieser Zeit aufgebaut haben. Bei uns ist das in Ordnung, hier grenzt es an Diktatur?


Nette Randnotiz aus dem Artikel: Die “traditionellen” Trachten der indigenen Frauen sind der Europäischen Damenmode des neunzehnten Jahrhunderts nachempfunden. Tatsächlich: Die ausladenden, und mit Petticoats gestützten Röcke könnten fast an Reifröcke erinnern. Nur um noch einmal auf die angebliche Reinheit von Kultur und Tradition hinzuweisen. Wir vergessen so gern, dass alles, was wir für unsere Kultur, unsere Traditionen und im weiteren Sinne für unsere nationale Identität halten, nicht einfach plötzlich so “geboren” wurde wie sie heute ist. Und dass sie eben deshalb auch nicht einfach in einer Art Stillstand erhaltenswert ist, nur weil wir sie so kennen. Nein, Kulturen wandeln sich seit altersher, sie nehmen Einflüsse auf, sie passen sich neuen Anforderungen an, und das allein ist ihre reine Natur. Der Wandel. So, das musste ich jetzt noch einmal zu den Fragen an uns los werden.


Jetzt noch zu unserer Fahrt von Uyuni nach Sucre. Wir sind wirklich früh aufgebrochen, kamen um 9:30 los, und hätten wir uns nicht wirklich dick eingepackt, Heike mit elektrisch beheizter Jacke und die beheizte Weste auf Beinen und Füßen, wir hätten, selbst in der Morgensonne wie die Schneider gefroren.


Der Ausblick vom schnellen Aufstieg westlich von der Stadt Uyuni, zurück auf den Salar ist etwas, was man nur erleben, aber kaum im Bild festhalten kann. Zu weit spannt sich der Salzsee über den Horizont, und wäre auf jedem Foto nur eine kaum erkennbare, dünne, weiße Linie am Horizont.


Unser Weg führte uns wieder durch abwechslungsreiche Landschaften. Eine sehr angenehm zu fahrende, gut ausgebaute Straße auf runden 4000 Metern Höhe. Wir sahen Eis und Schnee am Wegesrand und auf den Flüssen. Wir sahen Felsenmeere und weite Ebenen. Wir sahen erneut Dünen auf dieser Höhe, und riesige Llama- und Vicunyaherden.


Potosi ist ein ‘Shithole’, wie es im feinsten Britisch so schön heißt. Also ließen wir es aus, und fuhren am Reisetag runde 350 in etwa sieben Stunden.


Über Sucre muss ich dann wohl doch noch extra berichten, denn jetzt ist es schon wieder Zeit fürs Dinner. Wir gehen (zum dritten Mal!) ins “Kultur Berlin”, nicht weil es dort Jägerschnitzel oder Kässpätzle gibt, sondern weil das Lokal so schön gemütlich wie eine Berliner Kneipe ist, und das typische Bolivianische Essen (Papas Rellenas – gefüllte Kartoffeln) dort super lecker ist. OK, ein bisschen doch wegen unserer “Deutschen Leitkultur” (Achtung, Scherz!), die wir hier in der Fremde eben auch mal gern genießen.


Eine gute Nacht, Ihr Lieben, morgen wollen wir früh los, Es soll Richtung Chile gehen. Aber das schaffen wir nicht in einem Stück. Wir halten Euch auf dem Laufenden. Nighty!

Nach der Arbeit: Selfie mit Lily
Nach der Arbeit: Selfie mit Lily

Hallo, guten Morgen, da bin ich wieder…


Eigentlich dachte ich, dass es jetzt etwas dauern kann, bis ich den Eintrag über Sucre fortsetze. Aber, wie das Leben manchmal spielt, besonders auf Reisen: Wir stecken mehr oder weniger in Sucre fest. Eine starke Kaltfront auf der Altiplano zwischen Cochabamba, Potosí und Oruro hat zu Schneechaos und der Vollsperrung der zwei Hauptverbindungen Richtung Oruro geführt. Schnee! Und Temperaturen um die 4 Grad unter Null! Da fahren wir nicht hinein, selbst wenn die Strecke, die wir uns ausgesucht haben, die Ruta 6, allem Anschein nach nicht gesperrt ist. Kalt und ungemütlich und kaum eine nennenswerte Ansiedlung auf dem Weg, und dann wahrscheinlich einiges an Ausweichverkehr, das klingt nicht einladend.

gestern Abend wies uns unsere Gastgeberin auf die Sperrungen hin, als wir vom Kultur Berlin heimkehrten. Wir verschoben die Entscheidung auf heute Morgen. Tja, und nun verbringen wir einen weiteren Tag hier im Hostal Casa Isabella.


Hier in Sucre ist es auch kalt geworden, und es regnet des öfteren, ungewöhnlich für die Jahreszeit.


Morgen soll die Kältewelle vorüber sein, und wir wollen versuchen, dann bis Oruro zu kommen.


Ich war am berichten über die Strecke von Uyuni nach Sucre. Potosí ist wirklich hässlich, und wir haben dort auch das erste Mal Probleme gehabt, Sprit zu bekommen. Der Tankwart sagte einfach:. Wir haben keine Rechnungen, und können daher keinen Sprit an Ausländer verkaufen. Ich sage: Wir brauchen keine Rechnung. Er: Ohne Rechnung darf ich nicht. Tja, Ende der Diskussion, wir fahren weiter. Die nächste Tanke in Potosi hat eine lange Warteschlange, aber bevor wir uns da anstellen, frage ich erst nach. Und wir bekommen prompt und ohne zu warten den Tank randvoll gefüllt. Zu einem saftigen Preis zwar, aber immerhin haben wir jetzt wieder vier bis fünfhundert Kilometer Ruhe.


Von Potosí nach Sucre ist die Straße nicht mehr ganz so gut, wie zuvor, aber immer noch wirklich gut zu fahren, und auch hier kommen wir schnell voran.


Als wir nach Sucre hineinfahren, fragen wir uns: Das soll die weiße Stadt sein? Die Außenbezirke sind ähnlich hässlich wie in den meisten Bolivianischen Städten. Erst im Zentrum sieht man, warum sie die weiße Stadt genannt wird: sehr schöne, zumeist gut in Schuss gehaltene Bauten im Kolonialstil, eine große Kathedrale am gut gepflegten Hauptplatz. Man sieht, dass hier genügend Geld zum Erhalt der Bauten vorhanden ist. 


Ein wenig schwierig gestaltet sich die Suche nach einer Unterkunft. Wir haben auf der App iOverlander schon zwei, drei Orte gefunden, die in Frage kämen. Der erste ist die Unterkunft, wo sich Donald für mehrere Wochen eingemietet hat, um einen Spanischkurs zu belegen. Wegen der Treppen- und Klosituation kommt die Casa Ramirez nicht in Frage. Donald hatte zwei weitere Orte ausgekundschaftet, und konnte nur einen davon wirklich empfehlen. Das Celtic Cross liegt ganz oben am Ende einer supersteilen Straße. Nichts für uns. Die Casa Isabella hat keinen Parkplatz. Aber wir können unser Motorrad in der Tiefgarage des Supermarktes, zwei Blocks Richtung Innenstadt abstellen. Sehr sicher, sagt man uns. Nach einigem hin- und her überlegen checken wir ein. Zumal das Zimmer sehr nett ist, das Bad großzügig, und der Preis zum ersten Mal in Bolivien weit genug innerhalb unseres Budgets bleibt.


Abends treffen wir uns mit Donald im “Kultur Berlin”. Und da Wochenende ist, gibt es später am Abend eine folkloristische Tanzvorführung. Sehr laut, sehr bunt und mit viel Fußgestampfe. Wir gucken gern zu, sind aber wirklich froh, nicht hier zu wohnen! Kultur Berlin ist ein Partyhostel!


Das Essen ist gut und nicht zu teuer. Das Jägerschnitzel hat nichts mit dem zu tun, was wir unter demselben Namen kennen, und auch gestern Abend die Käsespätzle waren nicht als solche erkennbar. Eher Spätzle in Käserahm, oder so… Trotzdem: Das Flair im “Kultur Berlin” erinnert uns an unseren geliebten “Schwarzen Peter” in der Weststadt, und wir atmen etwas Heimatluft. Und die Bolivianischen Spezialitäten (neben den lediglich zwei “Deutschen” Gerichten die größere Abteilung der Karte) sind einfach lecker!


In Sucre wollen wir nicht nur unsere Motorradhaftpflicht für den Rest Südamerikas regeln (die brauchen wir für die einreise nach Chile), sondern auch zum Zahnarzt (Zahnreinigung, und mein Implantat mal wieder) und zum Friseur.


Dra. Lily, die Zahnärztin , deren Praxis wir nicht weit von unserem Hostel  finden, hat in Neapel studiert, und lebte zwei Jahre in Glasgow. Trotzdem sprechen wir Spanisch. Wir dürfen sofort in die Behandlung. Sie ist sehr an unserer Reise interessiert, opfert ihre Mittagspause für uns, und will am Schluss fünfzig Bolivianos (ein Viertel des Preises) weniger als ausgehandelt. Sie sagt, wir brauchen das Geld dringender als sie. Eine Geste, die uns rührt, die wir aber nicht annehmen wollen.


Ich hatte vor einigen Wochen die Krone meines Zahnimplantats verloren. Nachdem ich schon in Guatemala und in Quito je eine Reparatur hinter mich gebracht hatte, war das jetzt die dritte, und Lily sagte gleich, dass sie davon ausgeht, dass ich den kompletten oberen Teil der Konstruktion schon bald zur Gänze ersetzen muss. Das System an sich scheint eine ziemliche Fehlkonstruktion. Vielleicht wurde es erfunden, um europäische Zahnärzte in Honorar und Brot zu halten durch die ständigen Nachbesserungen, die nötig sind? Immerhin hat das Ding gerade mal drei Monate lang ordentlich funktioniert, bevor es angefangen hat zu wackeln. Jetzt ist das Gewinde am Stift ausgeschlagen, der jetzt eben immer etwas wackelt, und ich habe die seitliche Befestigungsschraube der Krone verloren, auch dort ist das Gewinde hin. Lily hat die Krone einzementiert und das Gewinde mit einer Füllung versiegelt. Der Zahn sitzt nicht ganz so wie er soll, etwas zu hoch, und er wackelt, was mein Zahnfleisch reizt. Der nächste Besuch beim Zahnarzt ist also vorprogrammiert. Wir haben Marcello aus Santiago de Chile bereits um eine Empfehlung für einen guten Zahnarzt gebeten. Immerhin: Das eigentliche Implantat schient fest im Knochen zu sitzen. Gut so.


Solche Sachen, also dass man in Europa viel Geld für Schund bezahlt, der hierzulande von den entsprechenden Berufsgruppen sofort als mangelhaft erkannt wird, das ist auch so eine Erfahrung, die wir auf unserer Reise machen.


Klar, hier wirst Du im technischen Bereich vor allem Lösungen finden, die  lange nicht an das heran reichen, was bei uns möglich ist. Aber Du kannst eben auch Leute treffen, die Wert auf die Qualität ihrer Arbeit legen, und deren Produkte zu einem deutlich niedrigeren Preis nachhaltiger und langlebiger sind. Man muss mehr darauf achten, an den oder die Richtige zu geraten. In Europa, und vor allem in Deutschland, können wir davon ausgehen, dass alle Anbieter und Produkte mindestens gerade gut genug sind, um die Garantiezeit zu überstehen. Hier finden wir starke Unterschiede, und keiner gibt Dir eine Garantie. Und es ist nicht immer leicht, zu beurteilen, welcher Handwerker wirklich gute Arbeit leistet. Trotzdem finde ich es ehrlicher Man muss sich eben etwas umhören, bevor man einen Auftrag vergibt.


Insgesamt sind wir hier in Bolivien wieder einmal überrascht, wie wenig ein neues Land, das wir entdecken, doch unseren Erwartungen entspricht. Klar, wir haben uns hier vor allem in den besseren Regionen aufgehalten. Trotzdem: Nichts von unfreundlichen, Fremden gegenüber zumindest reservierten Menschen. Die Bolivianer sind freundlich und entgegenkommend. Die Straßen sind überwiegend besser als in Peru, das deutlich reicher ist. Und die Bolivianer fahren umsichtiger, und halten sich an basale Regeln. In Peru steht gefühlt alle zwei Kilometer ein Schild “Mantenga su derecha!” – Rechts halten! Wissen die das denn nicht? Hier kam uns bisher noch keiner auf unserer Spur entgegen, und auch das “Ich fahr jetzt einfach mal in der Mitte der Straße, da kann mir am wenigsten passieren”, bei Peruanischen Auto-, Bus- und Lasterfahrern sehr beliebt, haben wir hier noch nicht erlebt.


Auch die Benzinversorgung ist nicht so schlecht wie erwartet. Noch die Klosituation. Und insgesamt machen die Bolivianer den Eindruck, recht zufrieden zu leben. Zumindest in den Regionen, wo wir bisher waren.


Präsident Evo scheint die Menschen zu polarisieren. Die einen wollen ihn für “siempre”, was ziemlich wahrscheinlich auch nicht gerade die beste Idee ist, und ihm so etwas wie einen Gotteststatus zu geben scheint. Die andere Seite meint, darauf hinweisen zu müssen, dass sie nur gegen Evo und seine MAS (Bewegung zum Sozialismus) kämpfen, und nicht “unter uns Bolivianern”. Man liebt ihn hier entweder, oder man hasst ihn. Wahlbeteiligungen um die 90 Prozent, und Wahlergebnisse für Evo im Bereich von 54 bis 60 Prozent zeigen, dass das Land gespalten ist. Aber eben auch engagiert! Überall sehen wir entweder Reklameschilder für Evo (auf dem Lande), die ihn in den höchsten Tönen loben, oder Plakate mit Kritik an ihm (hauptsächlich hier in Sucre), die vor allem Demokratie anmahnen, und die Korruption geißeln. Uns jedenfalls scheint die Demokratie hier fast lebendiger als Zuhause in Deutschland, wo, aus der Ferne gesehen, die politische Landschaft eher erstarrt und resigniert scheint.


Ihr Lieben und Guten. Das soll es für heute gewesen sein. Der Friseurbesuch bescherte Heike übrigens eine grüne Strähne im Gesicht, das muss vielleicht noch erwähnt werden. Ansonsten haben wir weiß Gott genug erzählt, oder? Wir hoffen, Euch mit den Betrachtungen und Gefühlen zu Politik und Weltlage nicht gelangweilt zu haben. Neue Abenteuer kommen bestimmt, und dann wird es auch wieder “naturnäher”.


Bis dahin macht es gut, und schreibt uns ruhig, wenn Ihr Fragen und Gedanken zu unserer Reise oder unseren Berichten habt.


Alles Liebe,


Heike und Toshi

Sucre: Die weiße Stadt in Bolivien














Datum: Dienstag, 23. Juli 2019, Position: Sucre, Bolivien, Stimmung: Top!!

Reflexionen über unser Abenteuer angeregt durch Detlef und Anja


Ihr Lieben, Guten und Schönen!


Dieser Blogeintrag wird wohl ein etwas anderer werden als die anderen. Detlef und Anja saßen beim Essen in Deutschland und sprachen über uns. Das Ergebnis waren Fragen, die sie uns mailten mit der Bitte, etwas dazu zu schreiben.


“Woher nehmen wir die Energie, unter physisch extremen Herausforderungen die Strapazen der Reise zu bewältigen? What is the challenge? What is the reward? Wie hat sich unser Weltbild verändert? Gibt es für uns noch ein normales Leben in Deutschland?”


Wow. Darüber könnten wir allein ein ganzes Buch schreiben. Mal gucken, was aus uns heraus kommt. Vermutlich werden sich unsere Haltungen und Einstellungen weiter entwickeln und verändern, je länger wir unterwegs sind. Auch wird dieses Blogthema wohl nie ein Ende finden und Ergänzungen werden fällig. Wir beide haben auch unterschiedliche Aspekte und Meinungen dazu. Si, claro! Wir sind ja auch differente wie der Südamerikaner sagen würde.




Woher die Energie……..


Im Moment denke ich, daß wir die Energie aus den bisherigen Erfahrungen nehmen. Begegnungen mit Menschen, Landschaften, und der Neugierde auf mehr davon. Das Staunen und die Freude der Kinder, wenn sie unser Gefährt sehen. Unser Staunen ob der Landschaften. Sehen zu dürfen, was ich einst im Geografieunterricht lernte. Mit dem eigenen Motorrad am Titicscasee stehen oder auf dem Salar de Uyuni sind tiefgreifende Erfahrungen. 


Dazu gehört für mich auch, das ich mich mittlerweile sehr sicher im Reisen fühle. Ein neues Land: Landkarte checken, Route festlegen, (manchmal auch wieder verwerfen) Navi programmieren. Was brauche ich an der Grenze? Wo tausche ich Geld? Wo ist der nächste ATM? Wie ist der Umtauschwert? Wie heißt der hiesige Telefonanbieter? Wo kriege ich die nächste Sim her? Hostal (wie ist das passwort für’s wifi; Können wir morgens heißes Wasser für Kaffee bekommen; Gibt’s ‘ne Küche?..), Supermarkt, Frisör, Zahnarzt. Wir gehen mittlerweile gezielt durch neue Städte. Selten werden wir noch angebettelt. Wir tun normale Dinge, die jeder tut.


Auch aus dem Bewältigen von Hindernissen. Mich gut zu fühlen, wenn ich eine miese Strasse am Ende des Tages gemeistert habe. Stolz über mich zu empfinden. Irgenwie muss es halt im Mittel leiben. Wenn die Anforderungen das Mittel übersteigen, wird’s blöd. War schon zuhause so.


Andere Motorradreisende zu treffen. Zu lernen, wie sie reisen. Wieviel Gepäck sie dabei haben. Wie sie Grenzgänge nehmen. Wie sie sich organisieren. Und so weiter. 


Ganz besonders sind für mich die Begegnungen mit reisenden Frauen. Schön neben den technischen und organisatorischen Themen,  Frauengespräche führen zu können. Und zu erleben, das Frauen aus Spanien, England oder Australien ähnliche Dinge beschäftigen. Ja, und Reisende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu treffen. Etwas Heimat in der Fremde. 


Und dann ganz schlicht ausgedrückt: Es muss. Wir sind nun mal hier. Die Erwartung war, daß eine Motorradreise Strapazen mit sich bringen wird. Sie dann zu erleben ist in dem Moment nicht schön. Klar, wenn ich Schmerzen, Kälte und schlechte Klobedingungen vermeiden kann, so will ich das wohl tun. Wir haben für dieses Abenteuer alles in Heidelberg aufgegeben, was uns lieb und teuer ist. Nun will ich auch mehr davon. Aufgeben wegen Mühen war noch nie mein Ding. Ich wäre sonst nicht hier. 


Ein für mich noch ganz anderer Aspekt ist das Reisen mit Rollstuhl, was mich anspornt. Welche Barrieren ich persönlich überspringen kann. Anderen Menschen zeigen zu können, was alles möglich, wenn man mal die Barrieren im Kopf überwindet. Beim Motorrad Reisen das Gemeinsame hervorhebend. Und nicht immer wieder vor Augen geführt zu bekommen, als Mobilitätseingeschränkte anders zu sein.


Menschen im Rollstuhl zu begegnen. Mit ihnen zu sprechen. Etwas über sie zu erfahren. Hilfsmittelversorgung in demjenigen Land. Wie oft unkonventionelle Lösungen gefunden werden statt der überteuerten Produkte der Hilfsmittelindustrie. 




Challenge?…..Reward?….


Aus dem oben Geschriebenen gehen so manche Challenges aber auch Rewards hervor. Allein die Entscheidung zu treffen, alles aufzugeben, und offen für Neues und Unbekanntes zu sein war schon eine Herausforderung an sich. Der Prozess bis zu dieser Entscheidung ein Auf und Ab der Gefühle. Mut ist eben nicht die Anwesenheit von Angst. 


Bis es soweit war, entwickelten wir tausend Pläne und Zukunftsideen und verwarfen sie auch wieder. Diese Ideen zeichneten sich dadurch aus, das wir versuchten, Sicherheit in die unbekannte Zukunft zu bekommen. 


Der Prozess von Praxis/Wohnung behalten und 3 oder 6 Monate zu reisen bis zu unserer Reise, wie wir sie jetzt tun, dauerte 1,5 Jahre. Gar so schwierig war es, unsere Familien und Freunde, aber besonders auch Tenzin, unseren Kater, und vor allem Christian, der mir 25 Jahre ein treuer Assistent war, zurück zu lassen. Auch an meine Patienten dachte ich. Durften wir derart egoistisch sein, und uns ein “schönes” Leben machen gehen?


Mit einer der Hauptgründe es dann 2018 anzugehen, war, das unser körperlicher Zustand gut war. Wer weiß schon, was kommt. Es zu verschieben bis wir berentet sind, erschien uns keine gute Idee. Werden ja nicht fitter, so dachten wir. Und aufgrund meiner mangelnden Beweglichkeit ist es möglich, das ich nicht alt werde. Und Toshi musste dringend noch einmal was anderes tun als vor einem PC zu sitzen und zu arbeiten. Langsam zeigten sich bei ihm Spuren dieser Routine. 


Alles, was dann ein Jahr vor unserer Abfahrt kam, war eine einzige Herausforderung. So manches Mal eine Überforderung. Ein vollgestopftes und bequemes Leben aufgeben. Praxis und Privat. Ängste in der Nacht vor unserer eigenen Courage.


Als der Entschluss stand, war die größte Herausforderung geschafft. Bis zur Abreise wurden Aufgaben abgearbeitet. 


Zunächst sahen wir nur, was wir verlieren werden. Die Belohnungen waren ja noch nicht erfahren und erlebt. Die Rewards waren bis dato nur in unseren Vorstellungen, was da an Schönem und Gutem kommen wird.




….. unser Weltbild verändert?


Ooooooh jaaaaa! Da weiß ich nun kaum, wo anfangen. 


Je weiter wir rum kommen, desto absurder erscheinen uns Welt-, Europa- und Deutschlandpolitik. Effizienzstreben. Machtrangeleien. Narzisstengebärden von Staatsmännern. Vetternwirtschaft. Wirtschaft und Korruption. Bei uns versteckter als hier in Mittel- und Südamerika. 


Aus allem Geld machen bis alles kaputt ist. Wider die Menschlichkeit. Entscheidungen in Höhen treffend. Den Bezug zum Boden verloren. 


Kapieren die Staatsleute denn nicht, das es nur zusammen geht. Noch immer erscheint Krieg zu führen lukrativ. Nicht nur Medien lügen, was das Zeug hält, und manipulieren uns sonst wo hin.


Das Bereisen anderer Länder ist nur dann gefährlich, wenn man noch nie weg war. Klar gilt es ganz vernünftige Regeln zu befolgen, wie z.B. nicht nachts fahren. Aber Ich würde z.B. persönlich auch nie nachts am Frankfurter Bahnhof herumlungern. Peru sagt, Bolivien ist gefährlich. Ecuador sagt, Peru ist gefährlich. 


Mehr und mehr vom eigenen Ross runter kommen. Mit Vorurteilen aufräumen. Zu urteilen über die Dummheit der Indigenas, nur weil ihnen die Inneneinrichtung ihrer Häuser nicht wichtig ist. Mitleid zu empfinden beim Anblick schmutziger Kinder. Wie viele Kinder bei uns haben noch die Möglichkeit, sich beim Spielen so richtig schmutzig zu machen?


Wenn wir Deutschen auswandern, dann sind wir ‘Expats’. Wenn Menschen aus der Türkei nach Deutschland auswandern, dann sind sie Immigranten. Häh, hackt es?


Klar, das sind ganz persönliche Eindrücke. Nix von Wahrheit. Und richtig überblicken, kann ich die Weltlage auch nicht. Was sich aber verändert hat: Ich frage mich mehr? Ich wundere mich wieder mehr? Ich bin wacher geworden. Ich folge wieder mehr meinen Empfindungen.


Aber mal ehrlich: Den ganzen Quatsch mit dem unterschiedlichen Wert von Menschen. Ich kann diese Dummheit nicht mehr ertragen. In diesem Jahr wurde uns so viel an Gastfreundschaft, Hilfe und Zuwendung entgegen gebracht, das ich sagen kann: Das was uns am Leben hält ist Zugehörigkeit und Liebe. Unserer Erfahrung nach versucht jeder Mensch, auf seine Weise ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen. Ob man das hinbekommt, hängt nicht nur von dem Menschen allein ab. 

Uns wird immer wieder klar, wie zufällig unsere Zugehörigkeit zu ausgerechnet unserem Kulturkreis, und unsere Herkunft aus unserem reichen Land ist.  Interessant ist, dass wir beim Reisen den Eindruck gewinnen, dass diejenigen Reisenden, die eher nationalistischer eingestellt sind, also in ihrem Land gern ihre eigene Kultur vor fremden Einflüssen geschützt sehen würden, hier in der Fremde besonders gern auf Angebote zugreifen, die ihrer eigenen Kultur entstammen oder ihr wenigstens möglichst nahe stehen. Essen, Unterkunft, Getränke, was auch immer. Spezielle Essensvorlieben, vielleicht sogar Religionsausübung? Also hier in der Fremde, in anderen Ländern und Kulturkreisen ist ein Gemisch der Kulturen angemessen und erwünscht (weil es sich ja um unsere, ach so erhabene Kultur handelt), aber bei uns nicht? Jetzt macht mal nen Punkt! Kulturen sind und waren schon immer ein Gemisch, haben sich entwickelt. Und etwas Auswahl, auch Zuhause vielleicht Neues zu entdecken, hat noch nie jemandem geschadet.


… noch ein normales Leben?


Ehrlich gesagt: Das wissen wir noch nicht. Vermutlich werden wir es erst erfahren, wenn wir wieder zu Hause sind. Wir werden unseren gewonnenen Schatz mit nach Hause nehmen. Mal überraschen lassen, was wir draus machen werden. Ein Vortrag, ein Buch, ein Film. 


Vermutlich werden wir weiter Reisende im Alltag sein. Hoffentlich weiter offen für Fragen und anderen Sitten gegenüber mit Respekt vor anderen Gebräuchen und Kulturen. Weiter Demut empfinden beim Anblick der einzigartigen Schönheiten, die unsere Welt uns bietet. Wir werden den Wunsch verspüren, das unbedingt erhalten zu wollen!


Jetzt mache ich erst mal Schluss für heute. Lasse sacken, was ich geschrieben habe. Da ist das letzte Wort wohl noch nicht geschrieben. Toshi wird seine Gedanken ergänzen.


Wir lieben und vermissen euch!


Heike und Toshi



Impressionen unserer Reise seit Cusco: Lake Titicaca, Train cemetery, Salar de Uyuni bis nach Sucre






































Die Rasselbande
Die Rasselbande

Datum: Donnerstag, 18. Juli 2019, Position: Hotel Tonito; Uyuni, Bolivien, Stimmung: Top!!

Der Salar, eine magische Erfahrung!

Ganz besonders weite Weite: Der Salar bei Dämmerung
Ganz besonders weite Weite: Der Salar bei Dämmerung

Hallo Ihr Lieben Zuhause, Ihr Freunde und Familie in aller Welt!


Wir haben es bis nach Uyuni geschafft. Die Strecke bot einiges an Abwechslung, obwohl sie auch weiterhin fast durchgehend um die 4000m hoch gelegen ist, und es kaum wirklich um eine Kurve, geschweige denn einmal ordentlich hoch oder hinunter ging. 


Wir sahen Vicunyas und Llamas. Wir sahen auch Schilder, dass das Jagen von Gürteltieren und Straußenvögeln (oder so etwas ähnlichem) verboten ist (ebenso wie die Jagd auf Vicunyas und Llamas), aber wir haben weder die einen noch die anderen gesehen. Berge und Dünen, die reine Pampa, aber wie gesagt, doch einigermaßen abwechslungsreich und nicht ermüdend. Toll ist der Mirador, an dem man, von Norden kommend, einen ersten tollen Ausblick auf den Salzsee, den Salar de Uyuni bekommt.


In Uyuni, wo es wirklich richtig kalt wird, sobald man nicht direkt in der Sonne sitzt, haben wir uns schon wieder für eine etwas teurere Unterkunft entschieden. Das Hotel Tonito bot uns zwar einen Nachlass auf den Preis, aber trotzdem blieben wir unserem Preisniveau in etwa treu. Es wird von Sussi geführt, und hat eine wundervolle Atmosphäre. Und hier gibt es die Minuteman-Pizzeria, die weithin bekannt und beliebt ist. Sie wird von Sussis Mann Chris geführt, einem US-Amerikaner, der uns ohne dass wir gefragt hätten, für Heike einen Duschstuhl vorbei bringt. 


Am ersten Abend in der Pizzeria sahen wir an der Wand einen Zeitungsartikel aus den USA. Chris’ und Sussis jüngererer Sohn Chrisito hat ebenfalls eine Behinderung. Wir glauben, dass wir aus diesem Grund einen solch guten Kontakt mit den beiden bekommen. Chris, und auch Sussi, geben uns hervorragende Tipps für unseren Ausflug auf den Uyuni mit unserer Dicken.


Also starten wir am nächsten Tag zunächst zum Cementerio de Trenes, dem Zugfriedhof. Beeindruckende riesige Loks und Waggons, zumeist aus dem Dampflokzeitalter rosten hier vor sich hin. Wir schaffen es, mit dem Motorrad zwischen die Loks zu fahren, und schießen ein paar wirklich tolle Bilder, während wir inmitten der alten Maschinen den Geist der Vergangenheit atmen.


Von dort geht es weiter zur Autowäsche Maria Elena, denn wir haben gehört und gelesen, dass wir unser Motorrad einölen lassen sollen, um es vor dem Salz des Salars zu schützen. Nein, für Motorräder sei das nicht im Angebot. Aber hinterher bitte zum Abspülen kommen. Und zwar bis 16:30 Uhr, denn dann schließen wir.


Es ist zwei Uhr als wir Uyuni Richtung Salzsee verlassen. Also bis zur Insel Incahuasi schaffen wir es nicht. Trotzdem folgen wir einem der Tourjeeps auf den See, und vermeiden damit die tiefsten Salzwasserpfützen am Eingang zum Salar. Wir stoppen an den “Bubbles”, wo man sehen kann, dass unter dem Salz tatsächlich Wasser ist, weil kleine Gasblasen durch kleine bis mittelgroße Löcher in der Salzschicht an die Oberfläche blubbern. Bis zu 120 Metern tief soll der Salar sein, wobei im Schnitt ca. 13 Meter Salzschicht an der Oberfläche liegen. Auf denen fährt es sich rauher als erwartet, aber doch recht smooth.


Weiter den Tracks der Tourjeeps gefolgt, die man doch recht gut auf der schneeweißen Salzfläche erkennen kann. Auch Laster fahren hier übrigens, die das Salz in die Salzfabriken transportieren.


Wir erreichen das Dakar Monument mit seinem kleinen Flaggenwald, werden gefühlt hundert mal fotografiert, machen selbst einige Bilder und fahren dann einfach irgendwo auf die weite weiße Fläche hinaus in die (zumindest in einer Richtung) so einzigartig eindringliche Einsamkeit.


Dann versuchen wir, auf dem Rückweg unsere Spur wieder zu finden. Wir hätten die Trackinganzeige im GPS einschalten sollen, und unserer Fahrt in den Salzsee hinein einfach zurück folgen. Denn wir landen direkt in der mehr oder weniger aufgeweichten Haupteinfahrt zum Uyuni. Deutlich schlechter, als dort, wo wir hinein gefahren sind. Richtig tiefe Salzwasserteiche umfahren wir vorsichtig, denn daneben sieht man tief eingesunkene Fahrzeugspuren, die zeigen, dass der Untergrund weich und tückisch ist. Als wir wieder festen Grund unter den Rädern haben sind wir froh. Auch wenn die Straße durch Colchani wirklich eine einzige Kette tiefer Schlaglöcher ist, die man am besten auf den Pisten nebenan hinter sich bringt. Es fühlt sich schneller an, bis wir wieder auf der geteerten Ruta 30 nach Uyuni sind, als auf der Hinfahrt. Aber vielleicht liegt das nur daran, dass wir diesmal wissen, was auf uns zu kommt.


Wieder bei Maria Elena bekommt nicht nur die Dicke eine Dusche, sondern auch gleich Heikes Rollstuhl mit. Er ist zwar nass und etwas unbequem danach, dafür aber auch nicht hundertprozentig sauber… Trotzdem sind wir dem jungen Autowäscher dankbar, denn das Salz kann schon ordentlich am Metall fressen, wenn man es nicht entfernt. Und schon der Calgonit-Mann warnte ja vor Lochfraß!


Das Erlebnis des Lichts und der Weite auf dem Salar de Uyuni ist wirklich eine magische Erfahrung. Selbst wo man, wie am Dakardenkmal, den Ort mit so vielen anderen Touristen teilt, die Magie dieses Ortes kommt vollkommen und ungefiltert rüber.


Besonders der Moment alleine auf der weiten Fläche erzeugt ein einzigartiges Gefühl. Wir fühlen uns groß, weil wir uns tatsächlich allein hier hinausgewagt haben, und gleichzeitig so klein und unbedeutend, angesichts der fast unendlichen weißen Weite. Eigentlich können Worte es kaum beschreiben, und auch Bilder es kaum vermitteln. Diese Erfahrung ist eine derjenigen, die es wirklich Wert ist, eine lange Reise zu tun.


Wir sind entsprechend geflasht, und buchen noch am Abend eine Jeeptour, um Sonnenuntergang und Sternenhimmel vom Salar aus zu sehen.


Am nächsten Tag schlafen wir aus, planen unseren weiteren Trip, räumen schon einmal unser Zeug zusammen, und werden um vier Uhr Nachmittags zur Jeeptour abgeholt. Sie führt uns zu einer der Flächen auf dem Salzsee, die mit einer dünnen Wasserschicht bedeckt sind. So sehen wir zwei Sonnen bei Sonnenuntergang zu einem großen Feuerball verschmelzen, und warten dann, in Eiseskälte die spektakulären Farben des Abendhimmels bestaunend, auf das Erscheinen der ersten Sterne. Sie spiegeln sich im Wasser, das trotz des auch jetzt noch herrschenden Windes vollkommen spiegelglatt ist. Vielleicht wegen des hohen Salzgehalts, der das Wasser schwerer macht? Wir wissen es nicht.


Als die Dämmerung zu Ende, und es wirklich dunkel ist, sehen wir die gesamte Milchstraße in einer Klarheit, wie wir sie selten (oder nie?) zuvor gesehen haben. Leider haben wir kein Stativ, um von diesem Anblick brauchbare Fotos zu machen. So behalten wir den Augenblick im Herzen und bitten den Fahrer, uns nach Hause zu bringen. Denn die Kälte beginnt langsam wirklich zuzubeißen. Gerade in den geliehenen Gummistiefeln im vielleicht fünf Zentimeter tiefen Wasser herum zu waten, beschert mir kalte Füße wie ich sie selten mal, und ganz sicher lange nicht mehr hatte. Die Füße schmerzen, als ich die Schuhe wechsle!


Morgen wollen wir früh los. So plaudern wir nur kurz mit der Brasilianischen Gruppe von 4×4-Fahrern, die auf ihrer fünfzehntägigen “Expedicao Atacama” in unserem Hotel unterkommen. Sie bieten uns an, sich ihrem Konvoi anzuschließen, um nördlich der Laguna-Route, einem technisch sehr anspruchsvollen (und für uns damit zu schwierigem), aber landschaftlich wohl wunderschönen Teil Südboliviens, auf der ungepflasterten Ruta 5 nach Chile zu reisen. Wir sind verführt, mit zu kommen, doch bei den gefahrenen Geschwindigkeiten von 100 bis 120 Stundenkilometern auf Schotter können wir nicht mithalten.


Und noch dazu haben wir nun das Gefühl, uns für Bolivien noch etwas Zeit nehmen zu wollen. Zu viel gibt es zu sehen und zu erkunden, und zu angenehm überrascht sind wir von diesem Land, dessen Ruf in den Südamerikareiseforen doch eher durchwachsen ist.


Donald ist in Sucre, und wir hatten nach einigem hin und her überlegen, zuvor schon beschlossen, auch dorthin zu fahren. Wegen der bis dorthin zu erlebenden Landschaft, und weil Sucre mit runden 2800 Metern klimatisch um einiges milder zu sein verspricht. Und natürlich, weil es immer eine Freude ist, gute Reisekumpanen wieder zu treffen. Ganz besonders Donald, mit seinem feinen Humor und seinen tiefen Gedanken.


Da Potosi, ungefähr auf halber Strecke, nicht unbedingt die reine Freude verspricht, wollen wir versuchen, die rund 360 Km an einem Tag hinter uns zu bringen. Hoffen wir, dass wir gut durch kommen!



Eintrag erstellt am Sonntag, 21. Juli 2019

Datum: Mittwoch, 17. Juli 2019, Position: Hotel Tonito; Uyuni, Bolivien, Stimmung: Top!!

Feliz Cumpleanos, Viaje!

Weit gekommen: Wir zwei Mal wieder...
Weit gekommen: Wir zwei Mal wieder...

Ja, liebe Leute! 


Genau heute vor einem Jahr sind wir in New York gestartet. Da wir ja schon am 15. Juli in Deutschland abgeflogen sind, hatten wir auch vorgestern und gestern schon jeweils eine Art Reisejahrestag. Am 16. haben wir die Dicke aus dem Zoll geholt, am 17. ging es los.


Gefeiert haben wir aber gar nicht so heftig. Es ist ja auch immer ein wenig Wehmut dabei, wenn wir an Zuhause denken, und an die vielen Menschen, die wir auf unserem Weg getroffen, und von denen wir uns so schnell wieder verabschieden mussten. Dass das Reisen eine kontinuierliche Folge von Abschieden bedeutet, war uns zwar schon zuvor klar. Es ist aber doch etwas anderes, das dann selbst in der Realität zu spüren!


Ein Jahr, Zeit für einen kurzen Rückblick, auch wenn die Eindrücke oft so schnell aufeinander folgen, dass wir kaum die Zeit finden, alles wirklich zu verarbeiten. Was wir sagen können: Wir genießen unsere Reise nach wie vor. Mit allen Höhen und Tiefen.


Wenn wir nun genau ein Jahr zurückblicken, dann sehen wir vor allem, dass sich unsere Unterkünfte deutlich verbessert haben: Gegenüber dem Budget Inn in Trenton, New Jersey (70 US Dollar die Nacht!), in dem wir zwischen Drogendealern und Prostituierten übernachteten, ist das Tonito in Uyuni (65 US Dollar die Nacht) ein wahres Goldstück!


Und was wir auf dem Weg alles erlebt und überlebt haben! Ihr habt es gelesen (oder könnt es nachlesen) und wir freuen uns, dass Ihr uns begleitet. Wie viele neue Freunde, fast wie Familie zum Teil, wir gewonnen haben! Und wie viele Erfahrungen, vor allem gute, wir gemacht haben!


Es ist ein reicher Schatz, den wir in diesem Jahr gesammelt haben. Und wir sind froh, ihn immer wieder mit Euch teilen zu können!


Alles Liebe und Gute aus Uyuni! Den Eintrag mit dem ‘normalen’ Reisebericht findet ihr oben.



Eintrag erstellt am Sonntag, 21. Juli 2019

Datum: Montag, 15. Juli 2019, Position: Hotel Plaza, Oruro, Bolivien, Stimmung: Gut!

Zwischenstopp auf dem Weg zum Salar

Blick aus dem Siebten: Oruros Madonna
Blick aus dem Siebten: Oruros Madonna

Ihr Lieben Zuhause, Ihr Guten in aller Welt,


Oruro ist nun wirklich nicht das Ziel der meisten Touristen in Bolivien. Entsprechend haben wir es nicht leicht, eine passende Unterkunft zu finden. Das Hotel Plaza hat wieder in etwa das Niveau des Hotels von gestern. Auch preislich. Es liegt direkt am zentralen Plaza, hat nicht wirklich Charme, ist aber, mit Aufzug und Zimmer mit Aussicht im siebten Stock, das Beste, was wir hier nach sieben Stunden Fahrt finden können.


Es ist, gerade  in Städten, ja oft ohnehin schon schwer genug, ein Hotel zu finden, dessen Bad für Heike benutzbar ist, und das gleichzeitig einen sicheren Parkplatz für die Dicke bietet. Jetzt kommt noch hinzu, dass wir beschlossen haben, nachts nicht zu frieren. Also sollte eine Art Heizung vorhanden sein.


Das Kaminfeuer in Chucuito war supergemütlich, hielt uns warm, und wir haben es sehr genossen. Auf der Durchreise ist eine elektrische Heizung, die man, wann immer man will (auch und gerade morgens!) anstellen kann, die bessere Wahl. Zentralheizung hat hier kaum ein Haus. Obwohl es ja wirklich ziemlich kalt werden kann. Wir sind immerhin auf einer Hochebene von rund 4000 Metern. Da hilft die Nähe zum Äquator nur Tags, wenn die Sonne wirklich schön wärmt. Nach Sonnenuntergang ist es schlagartig kalt.


Die Fahrt von Copacabana nach Oruro war lang, und zum Teil wunderschön, zum Teil etwas langweilig. Gerade der erste Abschnitt auf der Halbinsel im Titicacasee bot aber ganz wundervolle Ausblicke auf den See und die Cordillera Real. Fantastisch!


Um an die Nordseite des Sees zu gelangen, nimmt man in San Pedro de Taquiri eine Fähre nach San Pablo de Taquiri. Nun, Fähre ist etwas viel gesagt: Man gelangt auf einer mit Bohlen belegten hölzernen Schute von Peter zu Paul. Zwei Autos und unsere Dicke passen darauf, und ich schaffe es tatsächlich, beim Einfahren das Seitenwagenrad im Spalt zwischen zwei Bohlen zu versenken. Gemeinsam mit dem Fährmann und einem Autofahrer hieven wir den Beiwagen samt Heike wieder auf sicheren Grund. Und dann wird mir klar, dass wir rückwärts (und ein klein wenig bergauf) wieder vom Boot müssen. Die Überfahrt dauert einige Minuten, das Anlegen mit dem mickrigen Außenbordmotor fast noch mal so lange.


Die beiden Autofahrer steigen noch vor dem Anlegen ein, und ich darf, zusammen mit dem Fährmann ganz langsam und vorsichtig, unsere Dicke samt Heike über die schmalen Bohlen an Land schieben. Ungeduldig bedrängt vom letzten Auto auf der Fähre. Es klappt besser als gedacht, und wir sind kurze Zeit später auf dem Bolivianischen “Festland” unterwegs.


Wir fahren Richtung La Paz, und die Landschaft hat schon bald nicht mehr allzuviel zu bieten. Ein paar spektakuläre Ausblicke auf die schneebedeckten Gipfel der Cordillera Real, ja, aber die direkte Umgebung reißt uns nicht vom Hocker. Flach, wenig ansprechend, und einige wirklich hässliche Dörfer ziehen vorüber.


Die Straße wird gerade vierspurig ausgebaut. Nach einem interessanten Prinzip: Die ursprünglichen zwei Spuren werden mit neuem Belag bedeckt. Aber erst, nachdem die zwei weiteren Spuren links und rechts angefügt wurden. Sie liegen also zunächst etwas höher, sind oft durch einen kleinen Graben abgetrennt, den man nur an einigen Stellen überqueren kann, und haben in der Regel weniger Schlaglöcher als die ursprüngliche Straße. Also fährt man (ohne dass das irgendwie ausgeschildert wäre!) entweder auf der Originaltrasse, oder auf den Seitenstreifen. Die hören allerdings gelegentlich unangekündigt auf, so dass man dort zwar schneller vorankommt, aber auch höllisch aufpassen muss, nicht plötzlich im Dreck zu stecken.


Trotzdem kommen wir gut voran, und erreichen bald El Alto, den auf der Altiplano gelegenen Stadtteil von La Paz.


Wir hatten überlegt, hier zu übernachten, und mit einer der einigen Seilbahnen in Zentrum von La Paz hinab zu fahren. Doch als wir El Alto erreichen, scheint uns die Stadt zu groß, zu laut, zu voll. Es ist irgendeine Fiesta, und es wurden zwei Spuren der vierspurigen Straße durch El Alto einfach gesperrt. Das Resultat ist ein hübsches Verkehrschaos, untermalt von lauter Musik und durchsetzt mit querenden Menschen, nicht alle immer ganz nüchtern. Die Polizei versucht, der Unordnung Herr zu werden, aber das ist wohl schlicht unmöglich.


Wir kommen in El Alto an einem ziemlich beeindruckenden Che-Guevara-Denkmal vorbei. Letzten Endes sind wir aber heilfroh, als wir ohne Blessuren oder Karambolagen wieder auf freiem Felde unterwegs sind. Die Straße südlich von La Paz ist weitgehend vierspurig, und so kommen wir gut voran.


Am Ortseingang nach Oruro erneut Stau. Klar, denken wir, alle wollen in die Stadt. Doch dann kommen uns Wagen auf unserer Seite der Vierspurigen Straße entgegen. Irgend etwas stimmt hier nicht! Doch uns ist nicht ganz klar, was.


Am ersten großen Kreisverkehr sehen wir, was hier los ist: Protestierende Indigenas und Indigenos (obwohl: es scheinen tatsächlich überwiegend Frauen!) haben den Kreisverkehr per Sitzblockade komplett gesperrt. Offensichtlich sind alle Zufahrten in die Stadt gesperrt. Na Klasse! 


Wir fahren nah heran, um mit den Protestierenden ins Gespräch zu kommen. Vielleicht tut sich ja etwas. Und tatsächlich: Wir werden angewiesen, durch einen winzigen Spalt zwischen den am Boden sitzenden Blockiererinnen zu fahren. Da passen wir nie durch! Sekunden später nur, wie auf eine unsichtbare Anweisung hin, stehen die älteren Damen auf, räumen Ziegelsteine und Wellpappen, die ihnen als Sitzgelegenheit dienen, zur Seite und wir dürfen passieren. Der Verkehr in der Stadt ist zunächst entsprechend ruhig. Erst in der Innenstadt wird es wieder dichter, und wir stehen etwas im Stau.


Schließlich finden wir Unterkunft im Hotel Plaza und gehen abends noch etwas durch die Stadt. Hübsch ist anders, aber einen gewissen Charme hat Oruro. Sie scheint uns wie eine Stadt, in der Menschen leben, nicht Touristen. Es gibt Mexikanisches Essen, und wir fallen früh und müde ins Bett.


Am nächsten Morgen ist die gesamte Plaza von protestierenden Indigenen blockiert. Erneut werden wir durch gelassen, und mit netten Gesten und Jubeln auf den Weg geschickt. Auf nach Uyuni!

Eintrag erstellt am Samstag, 20. Juli 2019

Datum: Sonntag, 14. Juli 2019, Position: Hotel Gloria, Copacabana (nicht die...), Bolivien am Südostende des Titicacasees , Stimmung: Top!!

Am hippen Ende des Sees. Oder: Holá Bolivia!

Wenn die Ruhe einkehrt: Titicaca Sunset
Wenn die Ruhe einkehrt: Titicaca Sunset

Ihr Lieben und Guten,


heute sind wir nach Bolivien eingereist. Und wie einfach das war! Wir vermieden auf Hinweis von Dany, dem Mechaniker aus Cusco, den großen Grenzübergang Desagüadero, und nahmen stattdessen den kleinen auf der Halbinsel Yunguyo.


Gemeinsam mit Donald waren wir frühmorgens bei einiger Kälte aufgebrochen, da die Bolivianische Seite zwischen 13 und 14 Uhr Bolivianischer Zeit Mittagspause macht (also 12-13 Uhr Peruzeit), und Donald außerdem etwas Strecke auf sein Ziel Sucre hin hinter sich bringen wollte.


Danys Tipp erwies sich als goldrichtig. In weniger als einer dreiviertel Stunde waren wir alle drei mitsamt den Motos aus Peru aus- und nach Bolivien eingereist. Hätten wir nicht noch einige Fragen von Passanten beantworten müssen, und beim Geldwechsel etwas anstehen, weil gerade einige Bolivianer nach Peru einreisten, und geringe Beträge wechselten, wären wir wohl in einer halben Stunde fertig gewesen. Wieder musste Heike weder an der Peruanischen noch an der Bolivianischen Seite aus dem Beiwagen aussteigen. Die Grenzbeamten warfen von Weitem einen Blick auf sie, und schwupp, war auch schon der Stempel im Pass.


Die Geheimwaffe “Sticker” mit der von Anisa gezeichneten, netten bunten Manga-Darstellung von uns beiden auf dem Motorrad wirkt auch hier in Südamerika wahre Wunder, und zaubert ein Lächeln selbst auf das griesgrämigste Gesicht. Hier war es nicht einmal wirklich nötig, denn auf beiden Seiten waren sowohl Migración, als auch Aduana (Einwanderung und Zoll) mit wirklich freundlichen Menschen besetzt.


Donald verlässt uns nach dem gemeinsamen Grenzgang, um, wie gesagt Strecke zu machen. Wir verabschieden uns, mehr oder weniger für den Rest der Reise. Er will in Sucre eine Weile bleiben und einen Spanischkurs belegen, wir wollen eigentlich nur ein paar Tage Bolivien schnuppern, und dann weiter nach Nordchile, denn dort gibt es noch viel zu entdecken, und uns bleiben nur noch einige Wochen, bis wir in Santiago sein wollen.


Bolivien ist etwas anders. Wir hatten einiges gehört, und entsprechend Respekt: Kein Sprit für Fremde, weil die erstens nicht den (subventionierten) Preis für die Einheimischen bekommen, und zweitens ein Haufen Papierkram dafür zu erledigen ist. Unfreundliche Menschen. Schlechte Straßen. Miserable Infrastruktur, vor allem auch in Bezug auf das Angebot im Bereich Sanitär… Einiges, was uns fast davon abgehalten hätte, Bolivien zu besuchen.


Und so anders ist unsere Erfahrung! Gut, getankt haben wir heute nicht, denn wir haben die Dicke in Peru noch mal randvoll gemacht, was uns bis zu 500Km weit bringt. Je nach Spritqualität, Geschwindigkeit und Anspruch der Route können es auch mal nur 420km sein, aber auf jeden Fall mehr, als wir an einem Tag normalerweise fahren.


Doch die Straße in Bolivien, so schlecht ist sie nicht. Geteert, immerhin, zwar mit einigen Löchern, aber gut fahrbar. Alle Menschen, denen wir begegnen sind freundlich.


Wir gönnen uns den Luxus eines richtig teuren Hotels in Copacabana, und beschließen, es einfach niemandem zu erzählen ;).  Das Gloria hat Doppelglasfenster, eine elektrische Heizung, Daunendecken und Zentralwarmwasser, sogar am Waschbecken. Den elektrischen Radiator benutzen wir nicht, denn die guten Fenster halten die Wärme der Sonne im Raum selbst über Nacht! Herrlich!


Copacabana ist das Saint Tropez am Titicaca. Und das äußert sich in allerlei Aktivitäten, die angeboten werden: Bananaboat (eine luftgefüllte Riesenbanane wird hinter Speedboat hergezogen), Jetski, Parasailing und solche komischen aufblasbaren Riesenrollen, in die man einsteigt, und sich durch Laufen im Inneren fortbewegt. Natürlich gibt es allerlei Strandverkäufer: Drachen, Getränke, Souvenirs und so weiter. Nur gebadet wird hier nicht. Zu kalt, selbst für hartgesottene Bolivianer, die in Scharen aus La Paz fürs Wochenende einfallen.


Eigentlich wollten wir im Hostel Las Olas, des Deutschen Martin weilen. Er ist Bildhauer, und hat ein märchenhaftes Ensemble aus ziemlich verrückten Cabanas an den Berg gestellt. Nur eben: An den Berg. Alles voller Treppen, und auch die Zufahrt hinten rum zu steil für uns. Wir suchen noch ein bisschen weiter, und entscheiden uns dann für das Gloria. Da steht “Youth Hostel” auf dem Schild (warum auch immer!), aber der Preis wäre selbst für eine Deutsche JuHe absolut überzogen. Dafür ist das Frühstück inbegriffen, und das Niveau wirklich luxuriös.


Morgen wollen wir weiterziehen. Sicher ist hier nicht das ganz “echte” Bolivien. Wir stellen uns also darauf ein, dass es die nächsten Tage etwas rauher zur Sache geht. Mal sehen.


Euch allen, die mit uns reisen: ein herzliches “Bienvenido” in Bolivien!

Eintrag erstellt am Samstag, 20. Juli 2019

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