Datum: Mittwoch, 20. Februar 2019, Position: Choluteca, Honduras, Stimmung: Gut!
One night in Choluteca
Let's Mango! Am Straßenrand.
Ihr Lieben, Schönen und Guten!
Wie Ihr seht, haben wir kurzfristig unsere Pläne geändert. Statt Honduras an einem Tag zu durchqueren, haben wir einen Zwischenstopp eingeplant. Das sollte unsere Grenzübertritte entzerren, und wir wollten uns eine Nacht in einem wahrscheinlich eher uninteressanten Ort Nahe der Grenze, aber noch in El Salvador ersparen, und dafür ein klitzekleines bisschen mehr Honduras schnuppern.
Doch vor das Schnuppern hat der Gott des Reisens auch hier die Landesgrenze gesetzt. Und bei deren Überquerung haben wir uns diesmal nach Strich und Faden abzocken lassen. Entgegen aller Vorsätze, und leider auch gegen unsere Prinzipien, doch dazu später.
Vom Tortuga Verde in El Salvador führen zwei mögliche Strecken zurück zur CA2, die uns auf die CA1, die berühmte Carretera Panamericana (oder auch Panamerican Highway) zurück führen sollte. Über El Cuco, so wie wir gekommen waren, wären es ein paar Kilometer gut befahrbare (und uns bereits bekannte) Dirtroad gewesen, aber ein recht erheblicher Umweg, weil wir doch ein ganzes Stück zurück gefahren wären. Über Intipuca, also nach Osten, in “unserer” Richtung zeigte die Karte die gesamte Strecke als ungepflastert an, aber Tom, der Besitzer des Tortuga Verde, erklärte uns, dass inzwischen fast die ganze Strecke, bis auf etwa einen Kilometer geteert sei. Dieser eine Kilometer habe es zwar in sich, sei aber machbar. Also schlugen wir diese Richtung ein.
Tatsächlich: gute Strecke, zunächst auch der ungepflasterte Teil, doch dann wird es plötzlich eine mit einer dicken Schicht losem Staub bedeckte Buckelpiste. Also die starre Stütze für den Beiwagen eingesetzt, und immer schön sachte und langsam, im Stehen und mit viel Gefühl da durch. Heike fand wieder einmal, dass der neue Reifen es ihr wirklich bequemer macht, und ich hatte das Gefühl, dass ich mich langsam an die bösen Untergründe herantaste. Durchgeschwitzt zwar, aber ohne irgendwelche nennenswerten Probleme kamen wir “Back on mac”, also wieder auf Asphalt. Und haben tatsächlich Zeit gespart.
Der weitere Weg über CA2 und CA1 zur Grenze zeichnete sich durch schöne Vorgebirgslandschaften und angenehm zu fahrende Kurven auf kaum befahrenen Straßen aus. Eigentlich wollten wir auf dem Weg noch irgendwo frühstücken. Doch dann kam plötzlich die Grenze näher, und weit und breit nichts zu essen. Also mussten die restlichen Energieriegel und ein paar Schlucke Wasser es als Frühstück am Wegesrand tun.
Und dann die Grenze. Noch einige Kilometer vor der eigentlichen Grenze werden die Formalitäten für die Ausfuhr des Motorrads vorbereitet. Eine erste Kopie muss gemacht werden, weil wir das TIP, die Einfuhrerlaubnis nicht kopiert hatten. Bereits hier lauern uns einige der an den Grenzen hier üblichen “Tramidores”, also Grenzhelfer auf, die wir noch abschütteln können.
Auch an der eigentlichen Ausreisegrenze in El Salvador können wir die Grenzhelfer noch abschütteln, und ich erledige unsere Ausreise einigermaßen schnell alleine. Am Brückenkopf der Grenzbrücke wollen die Offiziellen dann doch noch eine Kopie von einem gestempelten Dokument. 25 Dollarcent soll sie kosten. Der Grenzer geht mit dem Original los, und in diesem Moment schlägt einer der hier auch Coyoten genannten Grenzhelfer zu: ich solle ihm das Geld geben, was ich völlig überrumpelt auch noch tue! Einen Dollar gebe ich ihm, und sehe später auch kein Wechselgeld. Von da an behält er uns fest im Griff, läuft vor uns her, weist uns einen Schattenparkplatz an, damit Heike nicht unter der Hitze leiden muss, und erklärt, dass er dafür sorgen wird, dass wir schnell und sicher einreisen.
Immer wieder verlangt er ein paar Dollar hier und dort, weil er den entsprechenden Leuten etwas geben müsse. Erst später wird mir so richtig klar, dass das natürlich Korruption ist, und wir das auf gar keinen Fall so machen wollen würden. Allerhöchstens bei einer Straßensperre als letzten Ausweg, unter Zwang, sozusagen.
Nun, ohne rechtes Frühstück, bei Bullenhitze funktioniert mein Hirn offensichtlich nicht richtig, und ich lasse alles so geschehen, Eingelullt von seinen wohlgesetzten “wohlmeinenden” Kommentaren.
Am Ende bezahlen wir für den Grenzübertritt fast drei mal so viel wie wir uns anhand der in der App IOverlander angegebenen recht aktuellen und ausführlichen Informationen zurecht gelegt hatten. Das meiste davon leider Schmiergelder!
Gut, wieder was gelernt, diesmal auf die etwas härtere Tour. Und das passiert uns nicht noch mal. Ich fange schon vor dem Passieren des letzten Schlagbaums an, mir resolutere Spanische Floskeln zurecht zu legen, um in Zukunft gewappnet zu sein. Heike ärgert sich natürlich auch richtig dolle.
Und lang gedauert hat es noch dazu. Fast zweieinhalb Stunden rannte der Fixer hierhin und dorthin, kam mit diesem und jenem Papier an, und machte einen geschäftigen Eindruck. Weil, je komplizierter der Grenzübertritt uns erscheint, desto eher rechtfertigt sich natürlich, dass wir schmieren und zahlen… MannMannMann!
Genug davon! Aber natürlich hat unser erster Eindruck von Honduras unter dieser Erfahrung ein wenig gelitten. Und das ironischerweise auch noch, weil und ein El Salvadorianer geholfen hat. Blöde!
In Choluteca hatten wir uns das Mado’s Hotel herausgesucht, das etwas außerhalb des Stadtzentrums liegt. Fast ausgebucht, bekamen wir ohne Reservierung gerade noch ein Zimmer. Es war laut und eigentlich auch wenig einladend, doch immerhin waren die Frauen des Hauses wirklich nett.
Und wir kamen abends noch mit den Jungs von der Antikorruptionseinheit ins Gespräch, die Heike am Nachmittag ihre Schusswafen aus dem Pickup ins Zimmer schaffen gesehen hatte. Interessante und gebildete Leute.
Abends, auf dem Weg zum Supermarkt, traf ich noch zwei Autowäscher, die beim Vergleich Deutschland Honduras zu bedenken gaben, dass sie den ganzen Tag arbeiten müssten, um Geld zu verdienen. Ich sagte, das müssten wir auch. Glaubten sie wohl eher nicht. Auch Heike berichtete am Morgen, dass eine der Hotelbediensteten Ähnliches zum Besten gegeben habe. Uns scheint, dass die Landflucht vielleicht solche Verzerrungen hervorruft. In der tropischen Landwirtschaft kann man sich vielleicht, so unsere Hypothese, am Leben erhalten, ohne täglich auf dem Feld ackern zu müssen. Es reicht dann eben so gerade zum Leben, aber Geld springt nicht dabei heraus. Möglicherweise sind die Leute, die wegen des Geldes in die Stadt ziehen, daher etwas überrascht, dass sie täglich zur Arbeit müssen, und das oft gerade so zum Überleben reicht. Aber das ist reine Spekulation. Vielleicht gibt es ja unter unseren Lesern ein paar, die sich damit besser auskennen.
Nun gut. Honduras machte auf uns einen eher deprimierten und deprimierenden Eindruck. Schlimm ist hier auch die Flut von Müll an den Straßenrändern. Polizeikontrollen haben wir wider erwarten keine über uns ergehen lassen müssen. Im Grunde genommen waren die Posten, die wir gesehen haben, fast alle nicht besetzt. Insofern haben wir es vielleicht noch ganz gut erwischt, in diesem von Korruption so gebeutelten Land.
Da ich diesen Eintrag in Matagalpa, Nicaragua nachtrage, geht es (auch für mich) jetzt gleich weiter mit Nicaragua!